Mit der Runaway-Serie von den spanischen Pendulo Studios verbinde ich vieles! Angefangen hatte es mit einer eher unfreiwillig veröffentlichten Techdemo irgendwann im Jahr 2000, als ich bereits alle Hoffnungen auf neue, gute Adventures aufgegeben hatte. Das Spiel sollte sogar in Deutschland dank dem Publisher Dinamic Multimedia erscheinen, doch dann wurde das Spiel immer öfter verschoben, Grund waren die finanziellen Probleme des Publishers, trotzdem beteuerte die Firma stets, dass das Spiel rauskommen sollte. Dies zog sich bis zum endgültigen Konkurs und meine Hoffnung auf Runaway schwand dahin. Doch dann kam ein Jahr später auf einmal der unscheinbare Lernsoftware-Publisher DTP daher und kündigte das Spiel an und half damit gleich dem ganzen Genre wieder aus der Versenkung zu kommen. 2006 kam schließlich der Nachfolger, der in vielen Belangen verbessert wurde, in manchen jedoch weiterhin uneinsichtig war. Das Spiel war natürlich technischen und spielerisch viel besser als der Vorgänger – nur das geänderte, eher locker lustige Setting der Geschichte kam nicht so gut an. Der größte Kritikpunkt an Runaway 2 war aber das Ende, das offener und unbefriedigender nicht hätte sein können.
Nun hat Pendulo Studios endlich den dritten Teil veröffentlicht, der den Titel Runaway: A Twist of Fate trägt. Laut Ankündigung soll das Spiel auch der letzte Teil der Serie sein und somit auch die Geschichte um Gina Timmins und Brian Basco zu einem Ende zu bringen.
Das Spiel beginnt mit dem Begräbnis von Brian, somit wäre seine Geschichte also schon einmal zu Ende geführt. Aber nein, natürlich ist Brian noch lange nicht tot! In Wirklichkeit hat Brian seinen Tod nur inszeniert um aus der Irrenanstalt zu entkommen, in die er eingesperrt wurde. Grund für den Aufenthalt in dem Sanatorium ist, dass er angeblich General Kordsmeier (den etwas schwachen Gegenspieler aus dem zweiten Teil) erschossen haben soll. Brian kann sich aber angeblich nicht an die Tat erinnern und deswegen soll der Psychiater Dr. Bennett untersuchen, ob Brian lügt. Da Brian anfangs als verschollen gilt, steuert man erstmals in der Serie Gina, die versucht Brians Unschuld zu beweisen. In Retroperspektiven führt man zudem als Brian den Ausbruch aus der Anstalt aus und macht sich danach auf, die Lücken im Gedächtnis zu stopfen.
Wie man bereits an der Zusammenfassung merkt, besitzt Runaway 3 wieder ein etwas düsteres Setting als der zweite Teil und folgt somit eher den Pfaden des ersten Teils. Insofern bietet das Spiel wieder die aus Teil 1 bekannten Krimi Road Movie Motive. Trotzdem kommt in der Geschichte der typische Humor der Serie nicht zu kurz, der oftmals auf diverse Filme anspielt.
Runaway 3 ist serienkonform in einem leicht überzeichneten, realistischen Comicstil gehalten. Die wunderhübschen Hintergründe sind wie gewohnt bereits vorgezeichnet und liegen in einer Auflösung von 1280x720 Pixeln vor. Dadurch ist auch die Minimalauflösung festgeschrieben, weswegen z.B. Netbooks schon mal außen vor bleiben müssen. Komischerweise gibt es aber auch bei höheren Auflösungen Probleme, denn anstatt die Grafikengine auf die jeweilige Auflösung zu skalieren, ist die Auflösung des sichtbaren Bereichs im beiliegenden Einstellungsprogramm festgeschrieben und der Spieler wird mit riesigen schwarzen Balken beglückt. Selig sind die, die einen gut skalierenden Bildschirm besitzen und somit ohne fette schwarze Ränder spielen können.
Ansonsten gibt es an der Grafik nichts zu meckern, selbst bei den Animationen und Details wurde nicht gespart.
(nach Klick auf Bild sieht man das Spiel in nativer 1680x1050er Auflösung)
Die Musik ist wieder einmal sehr schön und passt wunderbar zum Spielgeschehen. Schön ist, dass die gesungenen Lieder wieder einmal von Vera Dominguez intoniert werden, die bereits die meisten Lieder in Teil 1 und Teil 2 gesungen hat. Dessen ungeachtet fällt negativ auf, dass die Musik manchmal sehr dominant ist und deswegen Kommentare übertönt werden, jedoch tritt das Problem eher selten auf und die Musik ist nur sanft im Hintergrund zu hören.
Die meist gute Synchronisation von Runaway war schon immer das Aushängeschild der Serie. Positiv ist, dass die alten Bekannten ihre Stimme behalten haben. Auch die neuen Charaktere haben passende Sprecher bekommen. Einzig minimal negativ kann man anmerken, dass Dr. Bennett nicht Reiner Schöne als Synchronsprecher bekommen hat sondern Udo Schenk. Denn wie man am Ende drauf hingewiesen wird, basiert der Charakter auf Willem Dafoe und da ist Herr Schöne der bekannteste deutsche Synchronsprecher, auch wenn Herr Schenk weder schlecht besetzt ist noch nicht schonmal Herrn Dafoe gesprochen hat.
Die Rätsel sind zwar teilweise recht abgedreht (z.B. muss man eine Geisterbeschwörerin dazu bringen, einen schwedischen Geist zu rufen um eine Bauanleitung zu übersetzen), aber innerhalb der Spielwelt relativ logisch. Falls man jedoch nicht weiter kommt, kann man jederzeit mit F1 die spielinterne Hilfe aufrufen bei der Joshua, das irre Genie aus den vorherigen Teilen, einen stets mit Tipps zu den Rätseln versorgt. Wer dann immer noch nicht weiter weiß, kann auch mit der Taste F2 jederzeit alle Hotspots auf dem Bildschirm anzeigen lassen und so alle verpassten Gegenstände aufnehmen. Obwohl man insgesamt vier verschiedene Charaktere in Runaway 3 übernimmt, gibt es nur einmal im ganzen Spiel ein Coop-Rätsel.
Bisher war die Serie vom so genannten Runawaysyndrom geprägt. Dabei handelt es sich um Gegenstände, die man mehrmals durchsuchen musste, meist nach einer bestimmten Stelle, um so an einen Gegenstand zu kommen, der dort drin versteckt war. Z.B. gabs in Runaway 1 eine Tasche mit einer Perrücke, die aber erst ins Inventar übernommen wurde, nachdem man wusste, dass man diese braucht. Viele Spieler haben es gehasst, aber trotzdem wurde dieses Feature auch in Teil 2 übernommen. Da das Feature immer noch immens kritisiert wurde, wurde es nun endgültig gestrichen. Trotz der Beseitigung des Runawaysyndroms, lohnt es sich, Gegenstände nochmal im Inventar (Tab) genauer zu untersuchen. Wer außerdem nach langer Abwesenheit nochmal das bisher Geschehene rekapitulieren möchte, kann mit F3 die Tagebuchfunktion aufrufen. Dort erzählen jeweils Gina oder Brian die Geschehnisse die kurz vor Beginn des Spiels, so wie während des Spiels passiert sind. Nettes Gimmick: Da Brian sich ja nicht an die Geschehnisse zwischen Teil 2 und 3 erinnern kann, werden diese Erinnerungen erst im Laufe des Spiels freigeschaltet.
Nur leicht überarbeitet wurde die gute Steuerung. Wie gehabt schaltet man mit der rechten Maustaste durch die Interaktionsmöglichkeiten (Anschauen und Benutzen/Nehmen) und bestätigt dann mit der linken Maustaste die jeweilige Aktion. Die Ausgangsmöglichkeiten machen sich normalerweise mittels eines Pfeils beim Rüberfahren mit der Maus bemerkbar. Komischerweise gibt es aber auch Ausgänge zu alternativen Ansichten eines Raumes, die nicht durch einen Pfeil kenntlich gemacht werden. So kann es vorkommen, dass man diesen Teil des Raums total übersieht und nur deswegen feststeclt. Das ist wirklich sehr ärgerlich und wird hoffentlich noch mittels eines Patches behoben, so ist das aber ein heftiger Mangel im Design. Positiv dagegen ist die sinnvolle Erweiterung des Schnellreisefeatures. Früher konnte man per Doppelklick nur direkt zum nächsten Raum wechseln, hier kann man nun sogar innerhalb eines Raumes mehrere Schritte überschreiten – ein Segen für jeden Geplagten der ewig schleichenden Adventurehelden.
Das Überspringen von Textzeilen mittels beliebiger Maustaste und das Überspringen ganzer Zwischensequenzen über Escape sind inzwischen üblicherweise selbstverständlich. (auch wenn es immer wieder traurige Negativbeispiele wie Ghost Pirates of Vooju Island gibt) Etwas unverständlich ist jedoch, dass man nicht über die Escape-Taste in das Spielmenü wechseln kann, sondern nur die Hotkeys für die Spezialaktionen angezeigt bekommt - das Spielmenü lässt sich nur über F4 aufrufen.
Immerhin bietet Pendulo Studios die Möglichkeit an, verschiedene Profile anzulegen. Dadurch können mehrere Nutzer an einem PC jeweils ihr eigenes Spiel genießen, ohne einen anderen Mitspieler bei seinem Spiel zu stören. Für besonders vorsichtige Gesellen gibt es sogar die Option, das Profil mit einem Passwort zu versehen.
Runaway: A Twist of Fate ist an sich ein wirklich schönes Spiel, welches perfekt für sich selbst steht und den ersten Teil äußerst gut beerbt. Für jeden Neueinsteiger und Kenner des ersten Teils ist es somit eines der besten Adventure in diesem Jahr, auch wenn es VIEL zu kurz ist – nach knapp 6 Stunden rollte bei mir schon der Abspann, da nur das 6. und letzte Kapitel eine längere Spielzeit bietet.
Jedoch bemerkt der geneigte Runaway-Serien Fan und Käufer des zweiten Teils schnell, wieso dieser Teil nicht eine 3 im Titel trägt. Denn Runaway 3 schafft es unglaublicherweise, obwohl es den zweiten Teil zu Ende erzählt, den zweiten Teil nahezu komplett auszublenden. Denn im Grunde wird ALLES (bis auf General Kordsmeier und Schergen), was im zweiten Teil gezeigt wird, konsequent ignoriert, was somit auch für fast alle offenen Fragen von Teil 2 gilt. Das die Entwickler die „bescheidene“, total abgedrehte Geschichte um Aliens und Schildkröten aus Teil 2 möglichst ignoriert, kann man gern verschmerzen, ABER ich finde es wirklich sehr „schade“, dass auch sonst alles aus Teil 2 möglichst umschifft wird. Besonders gefehlt hat mir Sushi und ihre Crew, die spurlos verschwunden sind, obwohl sie Brian im zweiten Teil stets zur Seite standen - wo sind die auf einmal geblieben? Somit ist Runaway 3 für alle Besitzer des zweiten Teils ein noch größerer Tritt in die Kronjuwelen als das Ende von Teil 2 je sein konnte.
Grafik: 1
Sound: 1- (leichter Abzug wegen Lautstärkenabstimmung)
Spielstory: 1
Bedienung: 2 (1 voller Punkt Abzug wegen manchmal fehlender Ausgangspfeile)
Rätseldesign: 1- (abgedrehte Rätsel, aber mit guten Hilfen ausgerüstet)
Spielmotivation: 1