Sodele - bis eben gespielt:
DARKNESS WITHIN: In Pursuit of Loath Nolder, das Erstlingswerk der kleinen türkischen Softwareschmiede "Zoetrope Interactive". Das Spiel versteht sich in der Tradition eines H.P. Lovecraft, zu dem andere hier im Forum sicher mehr sagen können. Mir sind seine Werke nur sehr oberflächlich bekannt. Jedenfalls dürfte die Richtung die das Spiel einschlägt damit klar sein - hier geht es um feinen, mystischen Grusel.
Die Story klingt knapp umrissen so: Wir spielen den Polizisten Howard E. Loreid, der mit der Aufklärung eines Mordes beschäftigt ist. Der mutmassliche Täter, "Titelheld" Loath Nolder, ist Privatdetektiv und bisher eigentlich eher angesehen. Wir heften uns also an seine Fersen und tauchen ein in eine Welt voller Mythen, voller seltsamer Begebenheiten - und schneller als uns lieb ist - voller Alpträume.
Das klingt zunächst alles ganz schick, hat bei mir allerdings recht schnell an Spannung eingebüßt. Die Story ist nämlich ziemlich verstrickt erzählt, so verstrickt, dass zumindest ich an manchen Stellen die Zusammenhänge mit dem eigentlichem Fall nicht mehr klar sehen konnte. Zu rasch sprang das Spiel von einer Person zur nächsten, ohne das mir gerade klar wurde, was das alles noch mit Loath Nolder zu tun hat. Sehr schnell werden wir auch mit übersinnlichen Dingen konfrontiert, welche (um das Ende mal vorweg zu nehmen)
kaum bis gar nicht erklärt werden. Überhaupt nimmt das Spiel am Ende eine Wendung, die mit dem Anfang nicht mehr viel zu tun hat, aber eben auch nicht wirklich sinnvoll aufgeklärt wird. Vielleicht ist genau das ja Lovecrafts Tradition - ich fand es letztendlich etwas unbefriedigend.Bis wir das Ende erreichen hat der Spieler aber einiges durchzustehen. Eines kann man den Entwicklern nämlich nicht vorwerfen: mangelnde Atmosphäre. Also hier zieht das Spiel wirklich alle Register, angefangen mit dem Sound. Man kann kritisieren, dass die Gedanken des Spielers nicht vertont wurden, so dass noch viel Lesearbeit bleibt, aber damit hatte ich kein Problem. Wichtiger ist die unglaublich dichte Atmosphäre. Die dezent eingesetzte Musik ist da noch das Harmloseste, obwohl gerade sie in den richtigen Momenten spannende Verstörtheit vermittelt. Unterstützt wird das Ganze durch eine sehr umfangreiche Soundkulisse. Selten zuvor habe ich in alten Häuser so viel Schaben, Kratzen und Knarren gehört, in den dunklen Kellern und Grüften wird schon akustisch eine unangenehme Stimmung erzeugt. An einer Stelle des Spiels kann man sich jeweils minutenlang verschiedene Tonaufnahme aus Wäldern, Kellern oder von Friedhöfen anhören, die sehr seltsame Geräusche beinhalten. Das absolute Highlight sind aber die, für die Spielfigur, gruseligen Momente. Hier beginnt Howard nämlich erstmal schwer zu atmen, langsam wird sein Herzschlag immer lauter und schneller. Unterstützt wird diese wachsende Panik dann noch durch ein sehr cleveres Mittel - wie von Geisterhand bewegt sich die Egoperspektive des Spiels dann nämlich selber hektisch hin und her, schaut von oben nach unten, dreht sich um, geht zurück zur Tür, rüttelt an der Tür - verschlossen - wieder umdrehen, ängstlicher Blick in die Dunkelheit, ein Schritt zurück, wieder an der Tür rütteln.... naja und so weiter. Wirklich sehr eindrucksvoll gemacht und für einen "immer fast im Dunkeln Spielenden" wie mich genau das richtige stilistische Mittel um die teils beklemmende Stimmung zu transportieren.
Auch die Grafik unterstützt diese Momente perfekt. Die Egoperspektive wurde gut umgesetzt und die Bilder stecken voller Bewegungen und Animationen. Auch technisch wurde hier viel getrickst, so dass z.B. an einer Stelle die Taschenlampe genau die richtigen Licht"brüche" macht, um eine echte 3D Perspektive zu simulieren. Die Bilder selber sind sehr stilvoll und düster gezeichnet, einzig dass überall Kerzen und Lampen brennen mag verwundern - da viele der Örtlichkeiten ja vermeintlich seit langem unbewohnt sein sollten. Naja. Was auch sehr überzeugt ist die Bedienung. Die Steuerung spielt sich genretypisch einfach, das Optionsmenü ist sehr umfangreich gehalten und lässt den Spieler ungewöhnlich viele Einstellungsmöglichkeiten. Sehr gefallen hat mir u.a. die "Rauschen" Funktion, mit der man dem Spiel eine typisch mystische Horrorfilme-Optik verleihen könnte.
Neuerungen gibt es zur Abwechslung auch mal beim Rätseldesign zu vermelden. "Zoetrope Interactive" hatten nämlich ein paar gute Ideen. So kann man z.B. nicht nur Objekte miteinander kombinieren, sondern auch Gedanken. Wichtige Punkte des Falles speichert sich Howard in sein "Gedächtnis" und in diesem kann bzw. muss man immer mal wieder verschiedene Gedankengänge miteinander kombinieren um neue Ideen zum Vorankommen zu haben. Ich muss aber gestehen dass diese Stellen oft nicht ganz nachvollziehbar waren. Auch so manche Rätselnuß war ziemlich knackig, so dass ich nicht ohne ein halbes Dutzend mal in die Lösung schauen vorankam. Gut gefallen hat mir weiterhin die Idee, dass man nicht nur Texte lesen muss, sondern besonders wichtige Stellen auch makieren muss, um durch sie wieder Rückschlüsse für den Fall herstellen zu können.
Und so rätselt und klickt man sich, begleitet von zahlreichen gut inszenierten Schockmomenten also durch die Welt des Howard E. Loreid. Leider ziehen sich durch die Story aber gewisse Mängel. Zum Ende habe ich oben ja schon was geschrieben, aber auch während des Spiels werden ungewöhnlich viele mögliche Handlungsstänge aufgegriffen - und wieder fallen gelassen. Was hat es mit der Kiste mit den Gewehren aufsich? Was ist mit der Höhle in den Bergen? Was ist nun das Geheimniss um die Geräusche im Northwood Forest? Was hat es mit den Alpträumen aufsich? Und was ist mit den 5 Tagen geschehen, die uns verloren gegangen sind? Tja, am Ende sind irgendwie mehr Fragen offen als Antworten geliefert wurden. Hier wurde deutlich Platz verschenkt, was dann auch die kurze Spielzeit erklärt. Die im Hauptmenü mitlaufende Spieluhr bescheinigte mir einer Zeit von lediglich knapp 7 Stunden. Wahrlich nicht so prall - gerade wenn man bedenkt wieviele gute Story-Ansätze eigentlich noch einer Aufklärung bedürfen...
Somit kann ich leider keine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen. Grafik und vorallem der Sound wissen zu begeistern, die Rätsel bieten frische Neuerungen - aber auch ganz schöne Kopfnüsse. Die Story liefert sehr viele sehr gute Ansätze, verstrickt sich aber zusehr und lässt zuviele lose Fäden zurück. Freunde des gepflegten Grusel sollte dennoch mal reinschauen, sie werden nicht enttäuscht werden.
Grafik: 2
Sound: 1
Spielstory: 4 (entscheidend für die schlechte Note waren die ungenutzten Möglichkeiten)
Bedienung: 1 (sehr sauber, umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten)
Rätseldesign: 3 (die zu schweren Rätsel wiegen hier mehr als die Neuerungen, finde ich)
Spielmotivation: 3 (schwierige Note - man will das Ende schon erreichen, aber die Verwirrungen könnten die Motivation ziemlich senken...)