Ah, endlich mal wieder ein richtige Dikussion hier!!
Geil, ehrlich.
Ich habe mir soeben alles durchgelesen und muss beiden Seiten ein Stück weit Recht geben. Einerseits finde ich schon, dass cassidy nicht falsch damit liegt, dass man die Auswirkung von Medien im Allgemeinen und Gewaltspielen und -filmen im Besonderen nicht unterschätzen sollte.
Es beunruhigen mich dabei aber weniger die Extrembeispiele der jeweiligen Genres - die bedienen doch eher Randgruppeninteressen. Ich empfinde vielmehr die sich verändernde Grundhaltung zu bestimmten Formen der Gewalt als störend. Neben dem stetig wachsenden Interesse am Folterfilmgenre (was soll das?) in unseren Gefilden, hat sich vor allem das Fernsehprogramm gewandelt. ich meine zum einen eine zunehmende Freude am Sadismus zu erkennen und es wird immer mehr als Normalität dargestellt, was keine ist oder keine sein sollte.
An dieser Stelle hat andererseits Retro-Nerd wieder Recht: All das ist ja nur Ausdruck der Gesellschaft, die dieses Programm konsumiert. Die Medien bedienen das Interesse der Allgemeinheit und wenn der Durchschnittsdepp sich den Kram nicht reinziehen würde, wären binnen kürzester Zeit keine Gelder mehr vorhanden, um mehr davon zu produzieren.
Aber auch cassidy liegt meines Erachtens damit richtig, dass da ein Kreislauf in Gang gesetzt wird. Durch das zusehends verrohende Medienprogramm stumpfen wiederum auch die Zuschauer immer mehr ab. Und vor allem müssen sich die ganzen (vornehmlich jugendlichen) Kaputten sich mit einem immer abgefahreneren und perverseren Scheiß befassen, weil das, was vor zehn, zwanzig Jahren noch als skandalös galt, in der Zwischenzeit schon längst Normalzustand geworden ist.
Im Endergebnis muss ich allerdings Retro-Nerd beipflichten, dass es absolut keinen Sinn macht, sich mit irgendwelchen "Killerspielen" zu befassen. Die Jugendlichen, die sie zocken wollen, werden sie auch in die Finger bekommen, ganz egal, wie verboten sie sein mögen. Im Gegenteil, vermutlich macht sie genau das sogar noch viel interessanter. Wichtiger wäre, dass endlich mal ein Umdenken in der Gesellschaft stattfindet: Es sollte nicht immer nur jeder an sich selbst denken, seine eigenen Brötchen backen, auf alle anderen scheißen, jeden links liegen lassen, der auf der Strecke bleibt und am besten noch auf ihm herumtrampeln, einfach weil man sich sonst nicht zu beschäftigen weiß. Dann gäbe es auch weniger potentielle Kandidaten, denen die Sicherung durchbrennen könnte. Ferner müsste in Erziehung und Schulbildung dafür Sorge getragen werden, dass die Verlockungen der Medienwelt nicht unter den Tisch oder in die (wie bereits gesagt gänzlich nutzlose) Verbannung gelogen wird, sondern dass Jugendliche lernen, verantwortungsvoll damit umzugehen. Und ihnen darüber hinaus Werte vermitteln, an die sie glauben können, die sie festigen.
Allerdings ist es dabei mit ein paar Gesetzesänderungen nicht getan. Das Internet hat die Welt nun vollständig miteinander vernetzt und jetzt schwappt der ganze Schmutz (der ja auch vorher schon zu bekommen war, nur eben nicht ganz so leicht) relativ ungefiltert in jedes Wohnzimmer. Daran, dass Jugendliche damit konfrontiert werden, kann man absolut nichts ändern. Gewalt, Pornographie, Folter - das wird nicht verschwinden, das kann man nicht ausmerzen und im Prinzip braucht man das auch gar nicht.
Auch hier und da ein wenig an Lehrplänen zu feilen, halte ich für Makulatur. Man müsste das ganze System mal auf den Kopf stellen, aber das wird nicht passieren, weil das der - kurzfristig betrachtet - unbequemere Weg ist.
Ich bin also sehr gespannt, wohin es uns führt - zumal ich selbst eine Tochter habe, die in einen völlig kaputte Welt hineinwächst.
Und um der Frage zuvorzukommen: Ja, ich habe die Menschheit schon ziemlich abgehakt.
Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt...