Da muss ich etwas weiter ausholen. Der Film basiert (wie Du sicher weisst) auf dem 1991 erschienen gleichnamigen Roman von Bret Easton Ellis.
Das Buch ist in den 80ern entstanden und die Handlung spielt sich auch in dieser Zeit ab. Im Prinzip ist es eine nicht ungeschickte Kritik an einer Gesellschaft, die immer materialistischer und unmenschlicher geworden ist.
Interessant ist, dass der Autor als Hauptfigur nicht etwa ein verrohtes Gangmitglied oder einen Drogendealer auswählt, sondern einen von denen, die diese Entwicklung geradezu verkörpern: die Yuppies.
Pat Bateman (der Name ist laut Autor übrigens aus "Batman" Und Psycho-Killer "Norman Bates" zusammengesetzt) ist einer von ihnen. Er ist jung, gutaussehend, erfolgreich und hat rein äusserlich alles erreicht. Doch hinter seiner makellosen, wohlgepflegten Fassade ist er völlig hohl, gefühls- und sinnentleert.
Obwohl er zur Oberklasse der Gesellschaft gehört, ist er niemals zufrieden. Immer trägt irgendwo jemand einen teureren Anzug als er, schafft im Fitnessstudio neben ihm mehr Sit-Ups oder kennt dieses oder jene Model, oder hat sogar mit ihr geschlafen.
Eines Tages dreht Bateman durch und beginnt grausame Morde zu begehen. Doch anstatt davon erfüllt zu werden, wird er im Inneren immer nur noch leerer.
Eine Art Hölle, aus der es keinen Ausweg gibt. Wohl nicht zufällig beginnt das Buch mit Dante's Inschrift der Hölle "Ihr, die Ihr eintretet, lasset alle Hoffnungen fahren" als Graffito auf einer New Yorker Hauswand und endet mit einem "No Exit" Schild.
Diejenigen, die arm sind, streben nach Reichtum und diejenigen, die sich alles leisten können, gehen daran kaputt, bereits alles zu besitzen. In einer Welt, in der jede Sensation schon erlebt wurde und jeder Wunsch erfüllt werden kann, sucht Bateman durch seine Gewalttaten einen Ausweg aus der Gesellschaft zu finden, die er im Grunde so sehr hasst, findet diesen aber nicht, kann ihn gar nicht finden.
Das Buch nimmt am Ende auch diese verwirrende Wendung und noch heute streiten sich die Geister überall auf der Welt, ob Bateman's Taten real sind, oder nicht (hab mich hierzu mal in ein paar Literatur- und Filmforen umgesehen), wobei man schon sagen kann, dass die Hinweise auf ein eingebildetes Leben im Film etwas deutlicher anklingen, als im Buch.
Das Notizbuch scheint ein Wink mit dem Zaunpfahl, der uns sagen will, dass Bateman hierin seine perversen Fantasien zwar festgehalten, aber nie real begangen hat. Auch dass die Polizei ihm nach dem Kettensägenmassaker nicht auf die Schliche kommt scheint nahezu unmöglich. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass sein Opfer noch in London gesehen worden sein soll, ist ein klarer Fingerzeig in diese Richtung. Folgt man dieser Theorie, wäre es schon ein cleverer Schachzug in der Erzählweise, dem Zuschauer ganz am Ende, nach dem er all diese grausamen Taten mit angesehen hat, vorzuhalten, dass diese niemals in der Realität passiert sind.
Allerdings kann man alle diese Geschehnisse auch so interpretieren, dass niemand seinen Arbeitskollegen in London je traf, sondern diesen nur verwechselte, so wie die Menschen ständig nur oberflächlich miteinander zu tun haben und sich andauernd verwechseln und dass es Bateman in einer solch oberflächlichen Welt eben doch möglich ist, seine Greueltaten ungestraft zu begehen.
Ich tendiere zwar eher zu ersterer Erklärung, meiner Meinung nach ist es aber letzten Endes völlig egal, da Ellis' Gesellschaftskritik in beiden Interpretationsansätzen funktionieren kann.
Denn ob Bateman sich seine Taten nun eingebildet oder doch tatsächlich begangen hat, er bleibt ein Yuppie ohne jedes Gefülsleben, der versucht, sich einen besonderen Kick zu verschaffen, in einer Welt und einer Zeit, in der alles schon mal da war.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Hauptunterschiede zwischen Buch und Film eingehen. Die zeitlichen Unterschiede konnte der Film getrost vernachlässigen. Denn die anzuprangernde Yuppie-Gesellschaft hat sich in den letzten Jahren wohl kaum gebessert, eher im Gegenteil. Was damals "in" war, wurde kurzerhand durch aktuelle Trends ersetzt.
Denn das Buch verbringt ein gutes Drittel nur damit, die Welt des Yuppies bis ins letzte Detail darzustellen. Kapitelweise reihen sich Batemans Überlegungen darüber aneinander, welchen Markenanzug man mit welchen italienischen Designerschuhen kombinieren könnte, es wird mit unglaublicher Akribie seine morgendliche Hygiene beschrieben oder es folgen auf mehreren Seiten die Gedanken Batemans zu Phil Collins.
Mit der gleichen Detailfreude widmet sich Ellis dann später aber auch den Morden. Jede der Taten wird auf mehrere Seiten ausgewälzt und bis ins letzte grausame Detail genüsslich beschrieben, dabei trotzdem völlig nüchtern dargestellt.
Die Gewaltexzesse im Buch ufern derart aus, dass es der erste Verlag in den USA zurückzog, in Deutschland landete es auf dem Index und noch heute als der brutalste, je veröffentlichte Roman gilt.
Die seitenlangen Abhandlungen über Mode und Trends konnte der Film selbstverständlich aus Zeitgründen nur im Ansatz wiedergeben und was die im Buch beschriebene Gewalt angeht, so hätte man wohl nirgendwo auf der Welt einen Verleih gefunden, wenn man diese 1:1 umgesetzt hätte.
Insgesamt fand ich die filmische Umsetzung überraschend gelungen. Mir gefällt vor allem Christian Bale verdammt gut. Seine Mimik so zu verstellen, dass sie stets unecht und aufgesetzt wie eine Maske und dennoch nicht nach mieser Schauspielerei aussieht, ist bestimmt verdammt schwer und seine Leistung verdient meiner Meinung nach das grösste Lob.
Das Buch ist fürchterlich vulgär, besonders wenn es um die Beschreibung sexueller Handlungen geht und die Gewalt nimmt keine Ende, sondern steigert sich bis zum Ende stetig. Mich hat es vor Jahren trotzdem nur wenig schockiert, heute würde eventuell etwas anders darüber denken. Den Skandal, den man daraus gemacht hat, finde ich trotzdem lächerlich. Natürlich kann man sich fragen, ob man das Maß an Gewalt nicht auch geringer hätte halten können, allerdings ist dem Autor auf diese Weise genau das gelungen, was er erreichen wollte: Er produzierte einen Skandal und so kam sein Buch in aller Munde.
Ob das dem Roman auch gelungen wäre, wenn es die Gewalt und den damit verbundenen Skandal nicht gegeben hätte, kann man durchaus anzweifeln. Denn stilistisch oder lyrisch ist ein kein solches Meisterwerk, als dass es zwingend in den Köpfen der Leser hängengeblieben wäre, auch trotz seines sozialkritischen Ansatzes nicht.
Wer also ein gutes Buch lesen will, der kann es sich getrost sparen, wer dagegen unbedingt mal lesen will, was so mancher vielleicht schon gedacht, sich aber nie niederzuschreiben und zu veröffentlichen getrtaut hat, der wird bestens bedient werden.
Diskussionen zum Buch bitte ich im "Bücher-Thread" weiterzuführen, wer noch was zum Film zu sagen hat, der kann das aber natürlich gerne weiter in diesem Thread tun.