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Autor Thema: "Extraleben" von Constantin Gillies  (Gelesen 2823 mal)

bronstein

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"Extraleben" von Constantin Gillies
« am: 16.01.2010, 18:45 »

Mich überrascht, dass der Roman "Extraleben" von Constantin Gillies (2008, CSW-Verlag, Winnenden) noch nicht diskutiert wurde.

Ich habe das Buch vor einem Jahr geschenkt bekommen und war zunächst mäßig begeistert: Naja, was kann das schon sein... Und dann habe ich es fast in einem durchgelesen.

Zur Handlung: Zwei Retro-Spieler in ihren Mittdreißigern entdecken bei "Raid Over Moscow" eine geheime Botschaft. Auf einer Reise durch die USA machen erleben sie eine Reihe interessanter Begegnungen im Kontext der 8-Bit-Computer-Geschichte. Der Roman ist eine wahre Fundgrube an gut recherchierten Anekdoten, die sich wunderbar in die Handlung einfügen.

Der Roman spielt in der selben Liga wie andere Bücher von und über junge Männer wie z.B. "Unentschlossen" ("Indecision") von Benjamin Kunkel. Auf scheinbar leichte Art ist es doch ziemlich hintergründig. Außerdem ist es wohl momentan das einzige Buch, in dem eine Brücke von "Impossible Mission" zu Paul Weller geschlagen wird.
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bronstein

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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #2 am: 16.01.2010, 19:03 »

Ahja, da habe ich nicht nachgesehen, danke. Das Buch ist aber eine zweite Diskussion wert, denn es wirft auch Fragen auf:

Warum werden Computerspiele, obwohl sie in unserer Pubertät zweifellos eine große Rolle spielten, so selten thematisiert? Wo finden sich Einflüsse? Letztlich zieht sich durch diesen Roman ein resignativer Unterton: "War alles Zeitverschwendung, es gibt nichts Sinnloseres als 8-Bit-Spiele."

Ist es so?
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #3 am: 16.01.2010, 19:24 »

Es war eine schöne "Zeitverschwendung". Und was ist schon sinnlos? Das fielen mir genügend andere Dinge ein, die damals weitaus stumpfsinniger waren.  B)
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #4 am: 16.01.2010, 19:29 »

Stimmt schon, "Verschwendung" ist relativ. Dennoch gelten selbst populäre Filme oder Rockplatten aus den 1980ern als Kultur, und erfahren entsprechend viel Anerkennung. Siehe z.B. Pet Shop Boys, Depeche Mode, Morrissey: Die Fans von damals hieven sie in zwei Seiten lange Berichte ins Rolling Stone, ins GQ, selbst in den Spiegel. Und nun vergleich das mit Maniac Mansion, The Bard's Tale oder R-Type: null.

Computerspiele haben es nicht geschafft, als Kulturgut begriffen zu werden. Auch darum geht's in dem Buch.
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #5 am: 16.01.2010, 19:34 »

Computerspiele galten in den 80ern und 90ern noch als leicht verpönt, das ist aber kein Geheimnis. Der echte Mainstream und die gesellschaftliche Anerkennung von Videospielen wurde erst mit der Playstation erreicht. Und seit der Wii spielt auch die bügelnde Hausfrau mal eine Runde. Für Kenner der alten Spiele sind die alten Bitmap Grafiken durchaus Kunst, für mich jedenfalls.
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #6 am: 16.01.2010, 19:40 »

Aber das ist doch der Punkt: Elvis Presley, Led Zeppelin, selbst die Sex Pistols haben es in die Kulturseiten des Bildungsbürgertums geschafft. Frag mal Deine Eltern, ob die Beatles zu Lebzeiten im Kulturteil der Zeit auch nur erwähnt wurden.

Und im Unterschied dazu zeichnet sich allmählich ab, dass es die 8- und 16-Bit-Spiele nie dazu bringen werden. Aber auch in der Gegenwart sind Computerspiele weit davon entfernt, Anerkennung als Kulturgut zu erfahren.
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #7 am: 16.01.2010, 19:47 »

Computerspiele haben/hatten immer diesen (wie du schon richtig erwähntest) üblen Beigeschmack der sinnlosen Zeitvertreibung. So langsam tut sich aber auch in Richtung Kulturgut was.

Rückblickend werden irgendwann auch mal die alten Spiele nochmal gebührend geehrt werden. Ich persönlich brauche sowas nicht wirklich, so behält man sich die Illusion an etwas "exklusives" aus der Jugendzeit.   ;)
« Letzte Änderung: 16.01.2010, 19:58 von Retro-Nerd »
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #8 am: 16.01.2010, 21:59 »

Habe den Roman nicht gelesen, aber man soll bekanntlich niemals nie sagen  B) Wobei es mir auch relativ egal wäre wenn dem nicht so wäre. Musik, gerade die damaligen Rockplatten, hatten halt eine gewisse Aussagekraft; sie galten als rebellisch, gerade in den 50er/60er Jahren, und ich denke die Aussagekraft, gerade bei Jugendlichen ist halt höher zu werten als Computerspiele.

Seit einiger Zeit werden ja Computerspiele auch als Kulturgut gesehen. In wie fern sich da etwas ändert bleibt dahingestellt, wobei man gemein hin, gerade als böser Counterstrike, oder allegemein Ego-Shooter-Spieler eigentlich ja gar nicht mehr auf die Straße gelassen werden dürfte, wenns nach gewissen Personen gehen würde ;)

Auf jeden ist der Computermarkt inzwischen rasant gewachsen, und Klassiker wie Pong, Civilization und wie sie nicht alle heißen haben schon einen gewissen Status wie ich denke; sicherlich nicht auf einer Stufe wie die Beatles o.ä., aber das kann man so denke ich auch nicht vergleichen.
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bronstein

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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #9 am: 17.01.2010, 12:09 »

Was mir an dem Buch so gut gefallen hat, ist nicht nur die relativ realistische und dabei witzige Darstellung des Lebens zweier ziemlich durchschnittlicher männlicher Mittdreißiger in einer westeuropäischen Großstadt zu Beginn des 21. Jh. Das ist schon ziemlich gut gelungen und macht den Roman an sich lesenswert, ist aber schon öfter dagewesen.

Was wirklich hervorsticht, ist die scheinbare Selbstverständlichkeit, mit der der Autor die Kulturgeschichte der 8-Bit-Spiele auf eine Stufe stellt mit der Popkultur jener Tage. Er zeigt, wie das gehen kann, und dass es prinzipiell denkmöglich ist, den Hintergrund von "Impossible Mission" zu diskutieren wie, sagen wir, "She Loves You" von den Beatles.

Letzteres wird deshalb als Kulturerbe anerkannt, weil es die Generation, die jetzt an den Schalthebeln sitzt, dazu macht. Es kommt also darauf an, wie man damit umgeht. In diesem Sinn kann man Computerspiele eben doch mit Popmusik vergleichen.
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Leonie

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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #10 am: 18.01.2010, 02:05 »

Auf jeden Fall ist der Computermarkt inzwischen rasant gewachsen.
Klassiker wie Pong, Civilization, und wie sie nicht alle heißen, haben schon einen gewissen Status, wie ich denke -
Sicherlich nicht auf einer Stufe wie die Beatles o.ä., aber das kann man, so denke ich, auch nicht vergleichen.

Doch, kann man.
Ist nämlich alles relativ. (Hallo Albert. Ich liebe dich)
Es gibt Beatles-Hörer, die kennen Computer-Spiele nicht, und sie würden auch nichts von ihnen halten.
Es gibt Computer-Spiele-Freaks, die kennen die Beatles nicht, und sie würden auch nichts von ihnen halten.
Der Beatles-Hörer sagt, "von A-Moll auf C-Dur ist toll".
Der Computer-Spiele-Freak sagt, "der Schneider hat ein tolles Scrolling".
Zwei Stühle, zwei Meinungen.
« Letzte Änderung: 18.01.2010, 02:09 von Leonie »
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #11 am: 18.01.2010, 13:34 »

@bronstein: Ich gebe dir da prinzipiell recht, aber werden denn die Klassiker aus der 8- und 16- bit Zeit wirklich so diskutiert wie Musik aus der großen Rock- und Popkultur Zeit? Bisher denke ich eher nicht, wenn überhaupt wird meist etwas in Richtung Computer und Killerspiele diskutiert, wenns da überhaupt zu einer Diskussion kommt.

Ich denke auch das sich über viele Spiele eine Diskussion durchaus lohnen würde, aber scheinbar ist es nicht der Fall bzw. nur in bestimmten Kreisen und Foren, wie beispielsweise diesem hier :D Vielleicht ändert sich das irgendwann mal, aber aktuell? Nur mal um ein Beispiel zu nennen, wie viele Bücher über die glorreiche Computerspielezeit findest du heutzutage in konventionellen Bücherläden? Außer ein paar Büchern über irgendwelche Programmierersprachen siehts da recht mau aus, über Spiele selbst hab ich noch keines gefunden. Auch "Extraleben" beispielsweise nicht, währendessen man über berühmte Bands, etc. mehr als genug finden dürfte..
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Leonie

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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #12 am: 18.01.2010, 18:38 »

Man darf auch nicht vergessen, daß Musik nun mal ein leicht zugängliches, schnell verfügbares Genussmittel darstellt.
Einfach auf PLAY drücken, und die drei Minuten können beginnen. (oder 14 Minuten The End von den Doors)
Sogar im Auto, auf Arbeit...einfach überall.
Ohne Computer, Betriebssysteme, Anleitungen...
Kein Wunder, daß Musik viel mehr Menschen anspricht, als Computerspiele.
Das ist einfach natürgemäß so.
Sogar Filme haben es in dieser Hinsicht viel schwerer.
Ein Film dauert etwa 2 Stunden.
Man muss also die Zeit aufbringen, man muss die Schauspieler mögen, die Tagesstimmung muss passen...
Musik ist die Nr.1 im Entertainment -
Nicht unbedingt finanziell gesehen, was die "Margen" anbelangt, doch dafür kann in der heutigen Zeit jeder zu Hause hochwertig einen Song aufnehmen, und dann sein Glück probieren.
Film & Spiel brauchen 2000 Mitarbeiter, 30 Jahre und 5 Milliarden Dollar für ein neues Werk.
Musik ist einfach schnell und geil.
Und das bringt die Massen zum Beben.
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Re: "Extraleben" von Constantin Gillies
« Antwort #13 am: 31.05.2010, 05:47 »

Die Fortsetzung zu Extragleben ist übrigens gerade auf den Markt gekommen, Der Bug.
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