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Autor Thema: Manko oder Stilmittel?  (Gelesen 6653 mal)

Bömpf

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Manko oder Stilmittel?
« am: 19.08.2022, 00:12 »

Habe letztens in einem anderen Forum eine Diskussion geführt, ob technische Dinge, die früher an Spielen
bemängelt wurden, nicht vielleicht tatsächlich bewusst gesetzte Stilmittel waren.


1. Alone in the Dark
Vorwurf: Der Charakter bewegt sich träge, dadurch wird das Gameplay unnötig zäh.
These: Coder sind sich einig, dass man auch mit damaliger Hardware das Game problemlos
flotter hätte gestalten können. Also ist das Tempo eine bewusste Design-Entscheidung
für die Dramaturgie. Flottes durch die Gegend Gehopse passt einfach nicht zu der
schaurig-mystischen Atmosphäre.

2. Flashback           
Vorwurf: Kein Scrolling. Wie rückständig! Die damalige Hardware schaffte Scrolling doch
nun wirklich problemlos!
These: Bewusste Design-Entscheidung. Das "Umblenden" des Bildschirms erhöht die Spannung,
weil man sich eben nicht "vorsichtig herantasten" kann.

Aus heutiger Sicht würde ich das alles unterschreiben. Ein schnelleres Alone in the Dark würde ich als störend empfinden,
und ob mir Scrolling bei Flashback wirklich besser gefallen hätte, weiß ich auch nicht so genau.

Gibt's noch andere Beispiele?
« Letzte Änderung: 19.08.2022, 00:15 von Bömpf »
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #1 am: 19.08.2022, 21:52 »

Ach, die "bewusst gesetzten Stilmittel" würde ich eher "Kompromisse" nennen. Gerade bei "Flashback" kann ich auf scrollende Levels gerne verzichten; man konzentriert sich auf ein Bild, und gut is. Ist so eh schon hart genug.  ;)

Aber kein uninteressantes Thema! Ist dieses Forum für uns auch zugänglich? Würde gerne reinlesen.
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #2 am: 19.08.2022, 22:01 »

War ein privater Chat mit mehreren in der 3DO Discord Community.

Ist halt die Frage. War es bei Limbo auch ein Kompromiss, dass es schwarz-weiss war?
Ist ja eigentlich auch technisch rückständig, im Zeitalter von 16,7-Millionen-Farben-3D-Grafik.
Das ist eindeutig ein Stilmittel. Und da ist es eindeutig, weil absolut klar ist, dass das Spiel
auch farbig kein technisches Problem gewesen wäre.

Flashback und AitD sind nun zu Umbruchszeiten erschienen. 3D war noch nicht sehr weit,
also ist man geneigt "Langsamkeit" auf schlecht programmierte Routinen zu schieben oder auf
überforderte Hardware (Konsolen).
Aber was ist, wenn es genau so schnell / langsam gewollt war? Wäre AitD schneller wirklich besser?

Ich hatte mich mal mit einem Coder aus der Amiga-Demo-Szene unterhalten. Und da ging es
um rotierende Würfel mit Gouraud-Shading - das ist, insbesondere auf dem Amiga, extrem
rechenintensiv.
Also steht man vor der Wahl: Entweder so viele FPS wie möglich (sagen wir bspw. 17), um sich dann anhören
zu müssen, dass das ja extrem ruckelt. Sieht aus wie gewollt aber nicht gekonnt.
Daher haben viele Coder solche Würfel extra langsam gemacht (sagen wir 10 fps), damit es nach Absicht
aussieht, und diese Kritik nicht kommt.
Spielt in der Bewertung alles eine Rolle.


« Letzte Änderung: 19.08.2022, 22:14 von Bömpf »
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #3 am: 19.08.2022, 22:40 »

Limbo in schwarz-weiß, dass ist ein Stilmittel. Genause wie es beim Wii-Titel "Mad World" eines ist. Schwarz-Weiß, das reichliche Blutaber aber in Rot. Oder die über gebühr kantige Grafik in "Killer 7".

Ich glaube ernsthaft nicht, dass das fehlende Scrolling bei Flashback ein Stilmittel sei soll. Das hat auch mit 3D nichts zu tun, denn Flashback ist kein 3D-Titel. So wie ich das überblicke haben die meisten französischen Actionadventueres dieser Zweit schlicht kein Scrolling. Keine Ahnung warum, vielleicht musste man seinerzeit in FR eine Scrollingsteuer zahlen. Oder man hatte es schlicht nicht drauf...
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Bömpf

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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #4 am: 19.08.2022, 22:45 »

Ich glaube ernsthaft nicht, dass das fehlende Scrolling bei Flashback ein Stilmittel sei soll. Das hat auch mit 3D nichts zu tun, denn Flashback ist kein 3D-Titel. So wie ich das überblicke haben die meisten französischen Actionadventueres dieser Zweit schlicht kein Scrolling. Keine Ahnung warum, vielleicht musste man seinerzeit in FR eine Scrollingsteuer zahlen. Oder man hatte es schlicht nicht drauf...

Das mit 3D bezog sich auf AitD.

Eric Chahi (Another World) hatte es nicht drauf? Moderne Rotoskopie-Technik, aber Scrolling kriegt er nicht hin, obwohl
es von der Hardware unterstützt wird? Die Another World Level sind kaum größer als ein Turrican II Level, am
Grafikspeicher kann es also nicht liegen.

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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #5 am: 20.08.2022, 00:02 »

Die Another World Level sind kaum größer als ein Turrican II Level, am
Grafikspeicher kann es also nicht liegen.
What     the   f  u  c  k ??
Ich bin kein Technikmeister, aber Deine Fragen sind schon a bisserl jenseitig.
Informatik war bei mir vor 30 Jahren ein ziemlich neues Schulfach, von daher wundern mich solche Fragen - sorry.
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #6 am: 20.08.2022, 00:05 »

Die Another World Level sind kaum größer als ein Turrican II Level, am
Grafikspeicher kann es also nicht liegen.
What     the   f  u  c  k ??
Ich bin kein Technikmeister, aber Deine Fragen sind schon a bisserl jenseitig.
Informatik war bei mir vor 30 Jahren ein ziemlich neues Schulfach, von daher wundern mich solche Fragen - sorry.

Warum?
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #7 am: 20.08.2022, 17:41 »

Ich weiß ja auch nicht, wie ich das verständlich beantworten soll. :ka:
Jedenfalls war es früher mal sehr viel schwieriger, die Grenzen eines Computers auszuloten.
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #8 am: 20.08.2022, 17:50 »

Hm. Another World ist von 1991, Flashback von 1992.
Ich wüsste nicht, warum Scrolling da so ein Problem gewesen sein sollte (Turrican 2 mit riesigen scrollenden
Levels gab es ebenfalls 1991).

Aber es ist ja interessant für die Eingangsfrage.
Technisches Defizit (scheint ja, wenn ich Dich jetzt richtig verstanden habe, Deine Vermutung zu sein),
oder künstlerisches Stilmittel.

Eric Chahi ist ein absoluter Perfektionist und Künstler gewesen. Nichts überließ er dem Zufall.
Und wenn fehlendes Scrolling seinerzeit wirklich der technischen Machbarkeit geschuldet war, warum
wurde es nicht bei späteren Umsetzungen (z. B. 3DO / Jaguar) oder dann spätestens bei dem Remake ergänzt?

Daher: Ich vermute, es war Absicht und kein Manko.

EDIT Nochmal bzgl. Alone in the Dark:
Auffällig bei der 3DO Umsetzung ist, dass sie 100% auf Software-Rendering läuft. Für das Darstellen der
Polygon-Figuren wurde also nicht die GPU benutzt, obwohl sie das auf 3D Ebene unterstützt hätte.
Hinzukommt, dass das 3DO als leicht programmierbar gilt (im deutlichen Gegensatz zum Jaguar oder auch Saturn).
Also: Faulheit, im Sinne von "Software Rendering reicht, wozu der Mehraufwand?"
Oder "Wir wollen es aus dramaturgischen Gründen gar nicht schneller haben"?

Infogrames / Interplay ist ein Major, von dem man eigentlich sehr ausgereiftes gewohnt ist.

EDIT 2 Die "Another World 20th Anniversary Edition" ist ebenfalls vom Another World-Erfinder
Eric Chahi programmiert worden. Im Jahr 2011. Unter anderem für die Playstation 4. Immernoch kein Scrolling... :ka:
« Letzte Änderung: 20.08.2022, 18:38 von Bömpf »
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #9 am: 21.08.2022, 01:36 »

Natürlich war es Absicht, dass "Another World" und "Flashback" nicht scrollen. Wozu auch - es wäre (falls es technisch möglich gewesen wäre) unnötiger Aufwand gewesen. Etwa wie in "Impossible Mission." Oder "Last Ninja." Die spielt man, wie man ein Comic liest: Von Bild zu Bild, und das ist bei manchen Spielen optimal.

Mich wundert halt, weshalb Du das Scrolling vermisst. Wäre "Flashback" mit scrollenden Levels ein besseres Spiel?

Da fällt mir "Tetris Effect" ein: Hat zwar auch kein Scrolling, aber viel optischen Schnickschnack. Den nehme ich aber kaum wahr, weil ich auf das Wesentliche konzentriert bin.
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #10 am: 21.08.2022, 10:31 »

Nun, das war doch die ursprüngliche Frage - "Manko oder Stilmittel".
Also sind wir uns jetzt einig, dass es ein gewolltes Stilmittel war und kein technisches
Manko? Und dass es tatsächlich sogar besser so ist? :)

"Die schönen Hintergrundgrafiken scrollen leider nicht, ..." (Amiga Games 04/93)

"Zwischen den einzelnen Bildern eines Levels wird direkt umgeschaltet;
Auf Scrolling müssen Sie verzichten.
" (PC Player 07/93)

"Optimal wäre permanentes Scrolling gewesen, ..." (Video Games 06/93)


Idee dieses Threads ist, eine Lanze zu brechen für Programmierer, die großartige Spiele
geschaffen haben, aber denen bewusste, dramaturgische Design-Entscheidungen als
technisches Unvermögen ausgelegt wurde.
« Letzte Änderung: 21.08.2022, 11:42 von Bömpf »
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #11 am: 21.08.2022, 12:31 »

Natürlich darf das ein Jeder gerne als Stilmittel empfinden. Ich für meinen Teil halte es, wenn es denn kein technisches Unvermögen gewesen sein soll, dann für eine spieldesign/spieltechnische Dummheit.

Verzichten Action-Adventures mit Jump'n Run Einlagen wie z.B. Flashback oder Heart of Darkness auf Scrolling wird der Levelaufbau noch viel entscheidender als er ja nun eh schon ist. Erfolgt das nicht so rennt der Spieler beim Bildschirmwechsel gerne in unvorhersehbare Fallen oder Gegner, oft gepaart mit dem Spieltot. Also Trial and Error als Stilmittel?

Bei AitD kommt neben dem nicht vorhandenem Scrolling noch die gerne eher unglückliche Kamerperspektive hinzu, welche mir jedenfalls oft genug im Wege stand. Aber ändern ist nicht und ein Schritt zuweit in eine Richtung und man wechselt in ein anderes Bild, mit einer anderen Kamerperspektive.

Dann kann man bei Click'n Point Titeln auch pixelgroße Elemente zum Totsuchen als Stilmittel definieren. Oder relevante Elemente in Hellgrau auf Weiß platzieren.

Ich für meinen Teil fühle mich da eher drangsaliert.
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Anna L.

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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #12 am: 21.08.2022, 12:33 »

Dann musst du kleiner, verwöhnter, sensibler Pascha halt ein bisschen aufpassen, wenn du ins nächste Bild läufst. Gehört zur Herausforderung halt dazu.
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Herr Planetfall ist im Internet.

Bömpf

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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #13 am: 21.08.2022, 12:42 »

Verzichten Action-Adventures mit Jump'n Run Einlagen wie z.B. Flashback oder Heart of Darkness auf Scrolling wird der Levelaufbau noch viel entscheidender als er ja nun eh schon ist. Erfolgt das nicht so rennt der Spieler beim Bildschirmwechsel gerne in unvorhersehbare Fallen oder Gegner, oft gepaart mit dem Spieltot. Also Trial and Error als Stilmittel?

Gibt es denn tatsächlich derartig unfaire Stellen bei Flashback / Another World?

Fakt ist, dass ein Spieldesigner am Anfang für sich selber die Frage entscheiden muss, ob Scrolling oder nicht.
Da Scrolling technisch möglich gewesen wäre, war das fehlende Scrolling also keine Notlösung, sondern bewusste
Entscheidung.
Warum hat sich der Spieldesigner so entschieden?
Was genau bewirkt denn das fehlende Scrolling?

Das fehlende Scrolling bewirkt die Ungewissheit, was einen im nächsten Bildschirm erwartet - man kann sich
eben nicht "vorsichtig heranpirschen". Gleichzeitig, wie von Oh Dae-su geschrieben:

"...wie man ein Comic liest: Von Bild zu Bild, und das ist bei manchen Spielen optimal."

Das fehlende Scrolling hat also einerseits einen atmosphärischen Aspekt, und andererseits erhöht es beim
Spieler die Spannung und die Konzentration.

Ist doch was positives, oder nicht...?

Bei AitD kommt neben dem nicht vorhandenem Scrolling noch die gerne eher unglückliche Kamerperspektive hinzu, welche mir jedenfalls oft genug im Wege stand. Aber ändern ist nicht und ein Schritt zuweit in eine Richtung und man wechselt in ein anderes Bild, mit einer anderen Kamerperspektive.

Bei AitD ging es nicht um "fehlendes Scrolling" / fixe Kameraperspektive. Da ging es darum, dass sich die Spielfigur träge
bewegt, wodurch das Gameplay "zäh" wird.
Wie bereits dargelegt, hätte man die Spielfigur jedoch auch damals technisch problemlos flotter programmieren können - und
offenbar bewusst darauf verzichtet. Also: Bewusste Design-Entscheidung, da, wie ich schrieb, "flottes Rumgehopse" nicht
zu der mystisch-schaurigen Atmosphäre passen würde.

Ungünstige Kamerawinkel, würde ich behaupten, waren keine Design-Entscheidung. Da war AitD eben einfach ein Pionier
dieses Genres, mit entsprechenden Kinderkrankheiten.
Glücklicherweise kommen ungünstige Kameraperspektiven aber auch nicht zu oft vor.
« Letzte Änderung: 21.08.2022, 12:58 von Bömpf »
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Re: Manko oder Stilmittel?
« Antwort #14 am: 21.08.2022, 13:24 »

Ich denke man sollte hier nicht anfangen einen bestimmten Aspekt nur auf bestimmte Titel anzuwenden.
Bei Another World oder Flashback wird das fehlende Scrolling nicht zum Stilmittel nur weil es dort ggf. nicht zu unfairen Stellen endet oder umgekehrt ist es bei HoD nur darum kein Stilmittel weil es zu unfaire Stellen führt. Entweder ist es ein Stilmittel oder nicht.

Bei AitD kommen nach meinem Dafürhalten verschiedene Punkte zusammen. Ich muss allerdings eingestehen, dass ich den Titel ob der von mir genannten Punke nicht lange genug gespielt habe als dass die Trägheit der Figur dann die Gelegenheit bekam mich anzuöden.


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