Habe jetzt mal am verlängerten Pfingstwochenende damit angefangen mich an "Alone in the Dark 2" zu versuchen. Nachdem ich sowohl den Vorgänger wie auch "The New Nightmare" gespielt habe (letzteres zählt zu meinen absoluten Lieblingstiteln, Teil 3 sowie 5 hingegen kenne ich nicht), komme ich nicht umhin zu sagen, dass die zweite Episode im Hinblick auf den Erstling (von Teil 4 kaum zu reden) wohl kaum gegensätzlicher daherkommen konnte!
Aus dem einstmals so ranken und schlanken Privatdetektiv
Edward Carnby ist nun ein moppeliger Fettsack geworden (zumindest in der originalen PC-Version), der insbesondere beim Rennen höchst unsicher auf den (vergleichsweise dünnen) Beinen wirkt. Auch seine (deutschen) Kommentare vom Schlage eines
"Au weia, die Thompson ist leer." lassen nicht unbedingt auf ein hohes Maß an Professionalität schließen. Der Lacher schlechthin sind dann die reichhaltigen Schusswechsel zwischen ihm und seinen zahlreichen Gegnern: Selbst wenn beide Kontrahenten sich quasi Auge in Auge gegenüberstehen, trifft so manches Mal keiner den anderen... das erweckte bei mir Erinnerungen an "Die nackte Kanone 2 1/2" (der Schusswechsel auf dem Dach hinter der Mülltonne gegen Ende des Films)...
Was nun den Horror-Anteil angeht: Verglichen mit Teil 1 (und vor allem 4) ist dieser wohl kaum noch vorhanden: Mit Tommy Guns bewaffnete Zombie-Mafiosi, welche bei Sichtkontakt
"Hey you!" rufen, sorgen nicht gerade für eine unheimliche Atmosphäre! Aber selbst als eine Art düsterer Thriller versagt "Alone in the Dark 2" meiner Meinung nach gänzlich, denn selbst bei der Entdeckung der Leiche seines Kollegen und Freundes
Ted Stryker und
Carnbys darauffolgendem Kommentar
"[...]Sie haben ihn umgelegt. Das wird ihnen teuer zu stehen kommen.", kamen so gar keine Rachegelüste bei mir auf...
Dabei ist die anfängliche Thematik - nämlich Kindesentführung - beileibe kein leichtverdaulicher Stoff, der eigentlich, so könnte man denken, ziemlich ernst daherkommen müsste... doch weit gefehlt! "Alone in the Dark 2" dürfte wohl kaum eine der angedachten Zielgruppen zufriedenstellen. Horror oder Schockmomente wie man sie aus dem Erstling kennt? Fehlanzeige! Düstere, klaustrophobisch anmutende Umgebungen? Zumindest bis jetzt ebenfalls Fehlanzeige! Spannendes, mysteriöses Thriller-Ambiente? Ist ebenso nicht vorhanden!
Und, stören mich derlei Dinge auch nur im Geringsten? Die Antwort: Ein ganz klares
Nein! Denn nachdem ich die anfängliche Enttäuschung über das Fehlen der oben genannten (und liebgewonnenen) Elemente beiseite geschoben hatte, konnte ich mich mit
Edward Carnbys zweitem Abenteuer bestens arrangieren! Ein Horrorspiel wie Teil 1 oder vor allem 4 ist es natürlich bei weitem nicht mehr, auch wenn man im späteren Verlauf auf untote Piraten trifft (die mitunter genauso ernstlos daherkommen wie seinerzeit in "Monkey Island"). Betrachtet man es aber als eine Art von Horror/Thriller-Komödie, wird man bestens unterhalten. Allein schon das Intro, in dem
Carnbys Kollege
Stryker einen ersten Versuch unternimmt, die kleine
Grace Saunders aus den Fängen ihrer Entführer zu befreien, zauberte ein Schmunzeln auf meine Lippen. Auch die Beseitigung der ungebetenen Gäste mittels Hinabwerfen von der Klippe, erfährt nach dem mehrmaligen Ableben des Hauptcharakters einen gewissen komödiantischen Unterton der Marke
"Wie viele Carnbys mögen mittlerweile schon dort unten im Meer liegen?". Auch mein erster (und letzter) Versuch, nach Erledigung des ersten Mafiosi direkt am Eingang des Anwesens, den Rückwärtsgang einzulegen - sprich: wieder vor das Tor zu gehen - gefolgt von der anschließenden Exekution durch die vorbeifahrende Limousine, brachte mich zum Schmunzeln (das nennt man wohl schwarzen Humor?). Oder das dramatisch inszenierte Ableben der bösen Buben, die zuerst wie ein nasser Sack auf die Knie fallen, nur um direkt danach komplett zu Boden zu gehen und anschließend von Mutter Erde sozusagen in ihr eigenes Grab gezogen werden, passt bestens zum Ambiente dieses Titels - oder anders gesagt: "Alone in the Dark 2" strotzt nur so vor Klischees! Zu guter Letzt wäre da natürlich noch das anfängliche Entführungsopfer
Grace Saunders, dessen Rolle der Spieler im Laufe des Abenteuers (völlig waffenlos) ebenfalls übernimmt: Als ich sie zum ersten Mal mit ihrem hellblauen Schlafanzug und den ausgebreiteten Armen (damit sie nicht das Gleichgewicht verliert und hinfällt?) durch die Pampa habe laufen sehen, stets ein Lächeln im Gesicht, kamen mir fast die Tränen... wohlgemerkt vor Lachen! Das kleine Gör passt bestens zum restlichen Spiel und trägt einen großen Teil zur Sympathie, die ich mittlerweile für dieses Programm hege, hinzu...
Nein, "Alone in the Dark 2" ist bei weitem kein Horrorspiel mehr - es ist ein leibhaftig gewordener Cartoon, der bestens unterhalten kann... sofern man sich mit der gänzlich neuen Richtung, die es gegenüber den anderen Episoden dieser Reihe eingeschlagen hat, arrangieren kann. Dazu kommt noch die sowohl quantitative wie auch qualitative Steigerung der Grafik im direkten Vergleich mit dem Vorgänger: Meiner Meinung nach erreichen die Bilder schon beinahe "Resident Evil"-Niveau (Teil 1 ist selbstverständlich gemeint), lediglich die Figuren fallen diesbezüglich stark ab, was im Anbetracht des Erscheinungstermins dieses Spiel ja auch kein Wunder ist! Trotzdem steckt in "Alone in the Dark 2" dermaßen viel Liebe zum Detail, wie man es nur in wenigen Programmen sieht (man beachte mal die unterschiedlich gestalteten Inventarfenster der beiden Hauptfiguren) - einfach klasse!
Sicherlich, die Steuerung ist teilweise recht hakelig, insbesondere die Schusswechsel sind zum Teil eine echte Plage - in diesem Punkt hat sich die Fortsetzung gegenüber ihrem Vorgänger kaum weiterentwickelt! Was nun die Rätsel anbelangt, bewegen sich diese ungefähr auf demselben Level wie bereits im Original: Die verschlossene Tür im Keller mit einer alten Zeitung und einem Pfeifenreiniger zu öffnen... tja, darauf muss man erst einmal kommen?! Allerdings muss ich zugeben, dass dieser Trick durchaus im Rahmen des Realistischen ist, kennt man eine solche Vorgehensweise doch bereits aus Literatur und Film. Im Übrigen ist zu sagen, dass die verschiedenen Rätsel eher mit dem Kombinationsgehalt der alten Point-and-Click-Adventures zu vergleichen sind, denn mit dem jüngerer Titel, wie z.B. oben erwähntes "Resident Evil"...
Zwar habe ich "Alone in the Dark 2" noch nicht durchgespielt, tendiere aber jetzt schon zu einer Vergabe von 8 bis 9 Punkten, da der Titel so ganz anders ist, als ich ihn mir ursprünglich vorgestellt hatte und mich bislang bestens unterhält. Normalerweise ist es für den Hersteller einer erfolgreichen Spieleserie immer ein Risiko, vom bisherigen Konzept - sei es nun in Hinblick auf das eigentliche Spielgeschehen oder der Handlung - abzuweichen... man denke nur an die letzten "Resident Evil"-Teile oder der neuesten "Tomb Raider"-Inkarnation! Im Falle von
Edward Carnbys zweitem Einsatz konnte zumindest ich diese Vorgehensweise nur voll und ganz begrüßen! Für mich persönlich stellt Teil 2 den bisherigen Serienhöhepunkt dar und rangiert in meiner "Alone in the Dark"-Bestenliste sogar noch vor dem brillanten "The New Nightmare"! Eine endgültige Bewertung werde ich nachreichen, sobald ich
Carnbys zweiten Fall komplett gelöst habe... aber bis jetzt... super!!!
Kommentar wurde am 20.05.2013, 16:37 von Bren McGuire editiert.