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Steckbrief |
Name: Jörg Langer Jahrgang: 1972
Karriere: Geboren, eingeschult, Abi gemacht, Studium abgebrochen, PC Player, GameStar, Freier Journalist, GamersGlobal, Retro Gamer
Webseite: GamersGlobal.de und Retro-Gamer.de
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Mittlerweile ist die neue Retro Gamer 2/24 erschienen und das ganze über dich nachdem ja Heise.de das Heft einstellen wollte. Wie schaut die Bilanz nach dem Start des Heftes aus?
| jl:
Wir sind mit über 3.000 Abonnenten gestartet, was schon mal klasse ist. Heise/eMedia wollte uns die bestehenden Abonnentenadressen nicht geben und auch nicht verkaufen – deren Forderung war so weit über dem Marktüblichen und meinem Angebot, dass ich diese Aussage treffen kann. Der aufgerufene Preis war so hoch, dass ich mir das a) selbst mit Kreditaufnahme nicht hätte leisten können (wir reden von mehreren Hunderttausend Euro), und wir b) erst nach frühestens drei Jahren zum ersten Mal etwas mit den Abonnenten verdient hätten. Insoweit bin ich überglücklich, dass sich so viele Retrofans per Mundpropaganda und über www.retro-gamer.de zum Abo-Abschluss entschlossen haben! Auch die ersten Kioskzahlen sind sehr ermutigend. Leider hindert Heise/eMedia – entgegen der üblichen Gepflogenheiten und mit der Behauptung, wir seien ja nur irgendwelche Autoren, kein Verlag – seine Vertriebspartner daran, uns die alten Kiosk-Verkaufzahlen zur Verfügung zu stellen. Wir haben deswegen keine Ahnung, wie wir uns am Kiosk im Vergleich zu früher schlagen, und können auch nichts hochrechnen. Aber trotz dieses Blindflugs sind die Zeichen sehr gut. Zusätzlich haben wir schon rund 400 Hefte direkt über unseren Web-Shop verkauft. Ich denke, wir könnten am Ende ungefähr dort landen, wo Heise vermutlich bei den letzten Retro-Gamer-Ausgaben gelegen ist. Und das würde ich als wirklich großen Erfolg betrachten angesichts der Widernisse!
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War vielleicht anfangs die Idee da die Retro Gamer über Kickstarter oder ähnliches zu finanzieren? Wegen finanzieller Sicherheit? Oder war das nie eine Option?
| jl:
Ich habe mich in der Tat am Anfang gefragt, wie ich die erste Ausgabe überhaupt finanzieren sollte. Ich hatte Vorbereitungen für einen Kredit im mittleren fünfstelligen Bereich getroffen. Kickstarter hätte dazu eine Alternative sein können. Aber obwohl ich bei GamersGlobal und insbesondere der Japandoku sehr gute Erfahrungen mit Crowdfunding gemacht habe, schien es mir für diesen Fall nicht so gut zu passen: Wir mussten ja früh sagen: So viele Hefte drucken wir, das kostet ein Heft am Kiosk, das kostet es im Abo – das passt nicht so gut zu einem Crowdfunding, wo es um eine Zielsumme geht und darüber hinaus um Erweiterungen des Produkts. Dazu kam die sehr knappe Zeit – wir hatten ja erst Ende Oktober die Lizenz im Kasten, und dann musste es sofort losgehen mit der gesamten Planung. Papier etwa muss man rechtzeitig bestellen, sonst hat man Anfang Februar keines. Dazu kommt die gar nicht mal so kleine Problematik, wie man Kunden, die man über eine Crowdfunding-Plattform generiert, in den eigentlichen Kundenstamm überführt – wenn man nicht dauerhaft eine Aufsplittung der Kundenadressen haben möchte. Am Ende haben wir weder Crowdfunding noch einen Kredit benötigt. Denn glücklicherweise haben uns alle Partner sehr faire Konditionen gegeben, also insbesondere die Lizenzgeber in England, die Druckerei ddm in Kassel und der Vertrieb MZV in Unterschleißheim. Damit meine ich die Preise, aber auch auf den ersten Blick unwichtige Details wie Zahlungszeiträume. Vor allem kamen schnell sehr viele Abo-Bestellungen rein – darunter auch solche, die freiwillig bis zu 100 Euro mehr pro Heft gezahlt haben, als Spende. So ging es dann unverhofft aus eigener Kraft, und es wird auch die nächsten Ausgaben gehen. Bis Ende des Jahres haben wir dann bestimmt die nötige Reiseflughöhe für die Zukunft.
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Bei der RG 2/24 ist ein Bild von Monkey Island als Beilage dabei. Die Beilage war überraschend und kam auch gut an. Wer hatte die Idee dazu? Und warum gerade diese Grafik aus Monkey Island?
| jl:
Die Idee zum „Kunstdruck“ hatte Jan Uhlig, Vertriebsleiter bei MZV, als unserem Vertriebspartner. Ich kenne Jan seit alten GameStar-Zeiten. Er hat mich auch ermutigt, mit Retro Gamer doch an den Kiosk zu gehen – im August/September war ich eher der Meinung, dass das zu riskant wäre. Ich hatte alternativ versucht, eine Retro-Vollversion anzuleiern, aber in der Größenordnung 15.000 wäre das schwer bezahlbar gewesen. Monkey Island hat sich förmlich aufgedrängt, weil damit selbst Konsoleros was anfangen können. Und die Szene habe ich ausgewählt, weil sie einerseits Monkey Island gut widerspiegelt – und andererseits keines der typischen Bilder ist, die man schon 1000mal gesehen hat, etwa Guybrush vor dem Tisch mit den drei Piratenkapitänen, oder Guybrush mit Kette beschwert am Meeresgrund.
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Wieviele Stunden muss man investieren um ein Heft wie die Retro Gamer auf die Beine zu stellen?
| jl:
Ich habe von Anfang August an zunehmend Zeit investiert und von Ende November 2023 bis Mitte Februar 2023 pro Woche etwa 90 bis 100 Stunden gearbeitet. Da waren zwar auch GamersGlobal, Japandoku.de und Spieleveteranen drin, aber mehr als die Hälfte der Zeit dürfte in Retro Gamer geflossen sein, also hochgerechnet so irgendwas um die 600 bis 700 Stunden. Man muss bedenken, dass wir – mit Ausnahme des Layouts – wirklich bei null gestartet sind, keine Website hatten, kein Shopsystem, keine Druckerei, und vor allem: keine Ahnung von vielen Dingen. Viel Zeit ist in Angebotseinholungen und Gespräche mit möglichen Partnern geflossen, und natürlich verläuft auch viel im Sande oder entpuppen sich manche potenzielle Partner als ungeeignet. Dazu gab es diverse Bürokratie zu bewältigen, wo uns auch leider teilweise eMedia/Heise das Leben schwer gemacht hat, etwa, indem sie uns die Vertriebsnummer von Retro Gamer nicht übertragen haben, obwohl das üblich ist. Wir brauchten einen Geschäftskunden-Vertrag mit der Post und bestimmte Tarife, um das Abo nicht zu teuer werden zu lassen (in Deutschland versenden wir versandkostenfrei für die Kunden). Solche Dinge kosten erstaunlich viel Zeit und ziehen sich über Wochen und Monate. Nicht zuletzt haben wir ja auch einiges am Heft selbst verändert, vom Papier über den Umfang bis hin zu inhaltlichen Neuerungen. Zum Glück hatte ich an vielen Stellen viel Hilfe, gerade von der Druckerei. Und ohne Fabian Knopf und Chris Masak wäre www.retro-gamer.de niemals so schnell Wirklichkeit geworfen. Auch bei der Papier- und bei der Druckereiauswahl haben mich mehrere Personen unterstützt, der Einzelheft-Dienstleister war die Empfehlung eines guten Bekannten, uns so weiter. Insbesondere Layouter Clemens Strimmer hat wahnsinnig viel nebenher mitgemacht, bis hin zu Social-Media-Logos. Apropos: Unseren Social-Media-Auftritt hat Hardy Heßdörfer fast im Alleingang aus dem Boden gestampft. Was aber auch sein musste, weil man den alten Facebook-Account lieber geschlossen hat, als ihn an uns zu übertragen. Schade, aber es geht auch so...
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Du hast mal erwähnt das ein Heft wie die Retro Gamer nur über eine ausreichende Abo-Zahl finanziell funktioniert. Wo liegt hier die Grenze? Und was macht den Anteil am Kisok-Verkauf aus?
| jl:
Wir sollten über 4.000 Abonnenten haben, damit wir nicht nur kostendeckend sind, also Druckkosten, Autorenkosten und so weiter abgedeckt sind, sondern unsere (meine…) Arbeit als Miniverlag und Chefredakteur bezahlt wird. Da wir noch im März die Zahl von 3.500 Abos knacken dürften, sehe ich das als realistisches Ziel bis Jahresende an. Natürlich geht es jetzt langsamer, da wir den "harten Kern“ der Retro-Gamer-Interessierten vermutlich bereits weitgehend erreicht haben. Andererseits gibt es ja sehr viel mehr Retrofans in Deutschland, die nun hoffentlich Retro Gamer erstmals oder auch nach einer Pause mal wieder die Chance geben können. Die vielleicht mal am Kiosk blättern, oder sich ein Einzelheft bestellen und sehen, „die machen ja einen guten Job!“. Und dann gibt es da draußen bestimmt noch Zehntausende von Menschen, die erst noch merken müssen, dass sie Retrofans sind! Und die kann man ja versuchen, in Zukunft zu erreichen – also nicht wir mit Retro Gamer, sondern wir als Retro-Szene insgesamt.
Was den Kiosk anbelangt: Der kostet uns im schlechtesten Fall Geld und bringt im besten Fall merkliche Mehreinnahmen. Denn die Hefte sind ja gedruckt, und umso mehr wir nun verkaufen, desto weniger müssen wir wegwerfen, und irgendwann übersteigt der Erlös die Druck- und Speditions- und Remissionskosten. Ich hoffe natürlich, dass wir nicht draufzahlen, was so ab 3.000 verkauften Heften der Fall wäre. Wenn es mehr Exemplare werden, bleibt etwas bei uns übrig. Und wenn wir von den ausgelieferten etwa 12.000 Heften sogar die Hälfte verkaufen sollten – ich gehe mal nicht davon aus, aber wenn… – dann würde man die Sektkorken-Explosionen aus Putzbrunn bis zu dir nach Österreich hören. Um das jedoch klar zu sagen: Das Abo ist wichtiger für uns, denn von jedem Aboheft erlösen wir gut 50% mehr als von einem verkauften Kioskheft. In Wahrheit ist es noch deutlich mehr, weil für jedes verkaufte Heft leider zwei, drei oder gar vier andere wegwerfen müssen, gegen Entsorgungsgebühr. So gesehen, sind auch die Druckkosten pro Kioskheft zwei, drei oder viermal höher als bei einem Aboheft. Wer Retro Gamer maximal unterstützen will, der kann das per Abo tun.
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Wer kümmrt sich um den Versand? Du oder dein Team? Wie lange braucht man um so eine Menge für den Versand zu vertüten?
| jl:
Das macht alles die Druckerei als zusätzliche Dienstleistung. Die Hefte werden also gedruckt, beschnitten, klebegebunden, eine etwaige Beigabe wie dieses Mal der Kunstdruck wird eingeschossen. Dann wird die größere Menge davon für den Vertrieb in so genannte Ballen (je 15 Hefte) sowie Spitzenballen (Kleinmengen) eingeschweißt, auf Paletten verladen, nach Nürnberg transportiert und dort vom Distributor an die rund 20 Pressegrossisten in Deutschland sowie ins Ausland transportiert. Die Grossisten verteilen das dann weiter, bis dann eben drei oder fünf oder zehn Hefte bei Kiosk X ubd Bahnhofsbuchhandlung Y ankommen – und dort hoffentlich schön sichtbar platziert werden. Letzteres hat übrigens dank unseres Vertriebs MZV in vielen Fällen vorbildlich funktioniert. Und zum anderen werden die restlichen Hefte direkt in der Druckerei in unsere speziell bedruckten Papierhüllen eingeschoben, frankiert und in Kassel an die Deutsche Post übergeben. Einzelheft-Bestellungen macht unser Partner Die Systementwickler in Fürstenfeldbruck: Was bis mittags 12:00 Uhr in unserem Shop auf www.retro-gamer.de bestellt wird, geht noch am selben Werktag raus und ist innerdeutsch oft schon am nächsten Tag beim Leser.
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Auf retro-gamer.de steht unter Service-FAQ: "11. Mein Abo-Heft wurde von einem Laster überrollt, von einer Schafherde zertrampelt und von einem Elefanten verspeist. Und nun?" Kaum zu glauben das dies möglich ist aber wer hat sich diesen Text ausgedacht? Sind manche Kunden wirklich so einfallsreich? :)
| jl:
Der Text ist von mir und soll im Prinzip die Scheu davor nehmen, sich zu beschweren, wenn beim Abonnenten das Heft mittel bis schwer beschädigt ankommt. Das war zum Glück sehr selten der Fall bei der ersten Ausgabe – so etwa zehnmal. Die Papierhüllen sehen zwar teilweise wirklich so aus, als hätten sie den Umweg übers Elefantengehege genommen, aber fast immer ist dann das eigentliche Heft intakt. Und wenn nicht, schicken wir ein neues zu – auch wenn uns das dann leider fast den gesamten Erlös dieses Abos in diesem Quartal kostet, weil wir ja den Druck, das Handling, das Porto fürs Ersatzheft zusätzlich bezahlen müssen. Aber dafür kann ja der Kunde nichts. Wenn das Heft statt gebrochen oder angerissen nur etwas verbogen ist, empfehle ich erst mal, es über Nacht mit einem Buch zu beschweren, das wirkt oft Wunder.
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Es sind wieder viele bekannte Redakteure dabei. Wie leicht oder schwer war es die Autoren wieder zu animieren mitzumachen?
| jl:
Weder leicht noch schwer, es hat schlicht das ganze bisherige Team ohne Diskusson weitergemacht, vom Übersetzer bis zum Textchef. Das war irgendwie nie eine Frage, denn wir machen ja fast alle schon seit über zehn Jahren Retro Gamer, und mögen das Heft sehr. Beim Stichwort „animieren“ fällt mir eher ein, dass zu den alten Haudegen wie Heinrich Lenhardt, Anatol Locker, Roland Austinat, Winnie Forster und Stephan Freundorfer ja noch drei neue Autoren gekommen sind, die nebenbei auch den Altersschnitt senken: Nina Schild, Paul Kautz und Hardy Heßdörfer. Der einzige, der sich von diesen drei etwas „geziert" hat, war übrigens Hardy, weil er ja von der Return kommt und er sich die Wechselentscheidung nicht leicht gemacht hat.
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Was glaubst du wo die Reise mit der Retro Gamer in den nächsten Jahren hingeht? Wird die ePaper-Version (PDF) die Print-Version irgendwann mal ablösen bzw. aus finanzieller Sicht ablösen?
| jl:
Wir haben die ePaper-Fassung deutlich in der Bildqualität gesteigert und bedienungsfreundlicher gemacht, mit klickbaren Seitenzahlen und Internet-Links. Und wir haben das ePaper so bepreist, dass wir etwas mehr damit verdienen als mit einem Print-Aboheft, der Leser aber immer noch mindestens 2 Euro im Vergleich zum Print-Abo spart (im Ausland mehr), beziehungsweise 4,50 Euro im Vergleich zum Kioskheft (wiederum: im Ausland mehr). Rein wirtschaftlich betrachtet wären für uns 100% ePaper-Anteil natürlich das Beste, weil wir dann keinerlei Produktions- und minimale Vertriebskosten hätten, es fielen nur noch die Redaktions- und Layoutkosten und die Lizenz an. Ein Traum! Aber für mich ist Retro Gamer in erster Linie ein Printmagazin, und soll es auch bleiben. Das Layout funktioniert doppelseitig einfach besser, und ich liebe es, ein Heft in der Hand zu halten und darin zu blättern. Am Bildschirm hänge ich jeden Tag schon mehr als genug! Und die Retrofans scheinen das ganz ähnlich zu sehen: Die reinen ePaper-Abos (es gibt aber zusätzlich Kombi-Abos, bei denen das ePaper dabei ist) machen aktuell nur einen kleinen Anteil aus, vielleicht so 5 bis 6%.
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Ich wünsche noch viel Erfolg mit der Retro Gamer! Danke für das Interview und wenn du noch was zum Schluss sagen möchtest?
| jl:
Besten Dank – mein Schlusswort ist: „Retro wird nicht sterben!“...
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Interview vom 15.10.20213
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Fangen wir mal von ganz vorne an: Wie hat deine Karriere als Redakteur bei der PC Player angefangen? Was hast du davor gemacht?
| jl:
Ich habe nach dem Abi 1992 mein Studium der Computerlinguistik begonnen, Ende 1993 dann aber die PC Player kennengelernt, die damals noch recht neu war: "Hey, das sind ja Heini und Boris auf dem Cover!" Anfang 1994 gab es darin eine Stellenausschreibung, im Februar war ich zum Vorstellungstermin in Poing bei München und ab 1.4. dann als Redakteur angestellt.
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Mit der PC Player Ausgabe 5/94 fing deine Karriere als Spiele-Tester an, kannst du dich noch an deinen allerersten Arbeitstag erinnern? Vor allem, wie war er?
| jl:
Ich durfte sogar schon in der CD Player #2 einen Minitest veröffentlichen, dieses 19,80 DM teure Heft mit, Sensation, CD-ROM, wurde gerade fertig, als ich anfing. Welcher Test das war, weiß ich nicht mehr genau, mit Sicherheit ein Strategiespiel. Ansonsten geht es am ersten Arbeitstag in der Regel um Profanes wie "Wo sitze ich überhaupt", "gibt es einen PC für mich?" und solche Dinge, so auch bei mir.
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Wie fühlte es sich an neben Boris Schneider und Heinrich Lenhardt mitzuarbeiten?
| jl:
Am Anfang sehr ungewohnt, da beides meine großen Idole seit Happy-Computer-Zeiten waren und dann plötzlich als meine leibhaftigen Chefs nebenan saßen. Aber das legt sich dann doch recht schnell, wenn man sie jeden Tag sieht. Wobei mein Respekt vor ihrer Erfahrung und ihrem Können sehr lange angehalten hat, im Prinzip bis heute.
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Welches war damals dein Lieblingsgenre, und was faszinierte dich daran so?
| jl:
Damals wie heute: Strategiespiele. Wobei ich 1994 das beginnende Echtzeit-Genre besonders toll fand, mit dem man mich seit vielen Jahren nur noch jagen kann, von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. Am Strategiegenre, besonders bei Globalstrategie à la Civilization oder Strategic Command, fasziniert mich die Vielfalt und Tragweite der Entscheidungen, die man trifft. Ich mag übrigens auch viele andere Genres, vor allem Rollenspiele, Action-Adventures und 3D-Action/Shooter.
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Über welches Spiel hast du deinen ersten Test geschrieben?
| jl:
Da mir der aus CD Player #2 nicht mehr einfällt: Ich glaube "Hexx", ein 3D-Rollenspiel. Aber viel wichtiger war ein anderer: Ich durfte gleich in meiner ersten PC Player Ultima 8: Pagan (Utima ist eine meiner absoluten Lieblingsserien) testen und damit die Titelstory schreiben. Sehr viel Verantwortung für einen Neuling! Diese Verantwortung habe ich dann krass missbraucht, denn meine Wertung (die mir genau nicht mehr einfallen mag, ich fürchte aber, sie hatte eine "9" vorne...) geriet viel zu hoch. Ultima 8 war im Rückblick noch schwächer als das verbuggte Ultima IX: Ascension (das ich dann, Geschichte wiederholt sich, für GameStar zu hoch bewertet habe).
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Wie hast du die Kollegen in Erinnerung? War alles mehr familiär?
| jl:
Wir waren damals nur vier festangestellte Redakteure (Boris, Heinrich, Florian Stangl und ich), dazu kam Susan Sablowski als Assistenin. Natürlich ging es da ziemlich familiär zu. Im näheren Umfeld gab es aber noch weitere Autoren, und PC Player hat sich dann ja auch in der Mitarbeiterzahl ganz gut entwickelt -- das dann aber eher auf Kosten des Familiären.
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Wieviel verdiente man als Redakteur?
| jl:
Ich stieg mit 4.500 DM ein, was verdammt viel Geld für einen Studienabbrecher war. Das war damals schlicht das leicht aufgerundete Tarifgehalt für einen Redakteur im ersten Jahr.
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Was waren die skurrilsten Erlebnisse, die du mit deiner Zeit bei der PC Player / GameStar verbindest?
| jl:
Ich habe es unter anderem geschafft, mich wenige Tage nach meinem Start als Redakteur abends im Büro einschließen zu lassen -- und hatte noch keinen eigenen Schlüssel. Heinrich musste deswegen spätabends noch mal ins Büro gefahren kommen. Eines meiner tollsten Erlebnisse war eine Firmenreise zu Origin, ein halbes Jahr nach Berufsstart. Ich habe unter anderem Richard Garriott, Chris Roberts und Doug Church kennengelernt, die meisten der Schauspieler von Wing Commander 3 kurz getroffen (darunter Mark "Luke" Hamill und John "Gimli" Rhys-Davies), war in Garriotts Haunted House, habe Austin besichtigt. Ach ja, und hin und zurück flog ich Business Class: Origin hatte es ja, damals...
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Hattest du noch andere Aufgaben außer Spiele-Testen?
| jl:
Ich musste mich regelmäßig für die Multimedia-Leserbriefe erniedrigen und außerdem auch Dinge wie News schreiben (damals überwiegend auf Basis von Faxen und durch Einscannen von Dias) übernehmen. Aber Autowaschen und so etwas war zum Glück nicht angesagt.
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ie darf man sich einen Arbeitstag vorstellen? Wie lief das so ab?
| jl:
Morgens zwischen 9 und 10 reinkommen (ich wohnte 5 Minuten zu Fuß von der Redaktion entfernt, die ich meist im Auto zurücklegte), abends zwischen 9 und 10 gehen, dazwischen Spielen, Telefonieren, Schreiben und Layouts korrigieren.
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Gibt es Spiele, die du heute besser oder schlechter bewerten würdest? Bei welchen Spielen wich die Redaktionsnote am meisten von deinem eigenen Empfinden ab?
| jl:
Vom eigenen Empfinden wich die Note nie ab, da der Tester immer den größten Einfluss auf die Note hatte. Aber es gab Fälle, wo ich katastrophal fehlgewertet habe, siehe Ultima 8: Pagan weiter oben. Aber auch Star General habe ich krass überbewertet (ich glaube, mit einer 85), das Spiel war im Prinzip dysfunktional, ohne KI, eher eine frühe Alphaversion als ein fertiges Spiel.
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Warum hast du die PC Player 1997 verlassen und die GameStar gegründet?
| jl:
Weil man die Chance, ein eigenes Heft zu machen, nicht allzu oft im Leben bekommt. Weil ich lieber Chefredakteur als Stellvertreter sein wollte. Und weil die Stimmung bei PC Player nicht mehr dieselbe war, wie am Anfang -- Heinrich und Boris waren beide weg, beispielsweise.
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Was denkst du über den Werdegang bzw. Niedergang der PC Player?
| jl:
Mich hat gewundert, dass das Heft noch so lange durchgehalten hat, ich fand die Qualität ab etwa Ende 1997 nicht mehr so gut, und spätestens nach der Future-Übernahme ging es meiner Meinung nach steil bergab. Selbstverständlich bin ich da nicht mal im Ansatz unparteiisch, also bitte die Aussage nicht zu ernst nehmen.
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Was ist mit den getesteten Spielen passiert, die du bekommen hast? Konntest du diese behalten?
| jl:
Die waren Redaktionsbesitz, aber ich habe mich bei manchen um ein eigenes Muster vom Hersteller bemüht, gerade wenn es "besondere Versionen" waren wie Wing Commander 3 in der großen Kinofilm-Dose. Ich will auch nicht ausschließen, dass einige andere Rezensionsmuster bei mir gelandet sind, andererseits war ich nie ein großer Spielesammler, sodass das Meiste, was bei mir privat rumsteht, auch privat von mir gekauft wurde.
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Wieviel Prozent hast du von deiner Arbeitszeit gespielt und wieviel hast du geschrieben?
| jl:
Schwer zu sagen, zumal es auch zeitaufwändige Dinge gab wie "Bildschirmfotos machen" (teils mit einem Thermodrucker, den man an die Grafikkarte anschloss) oder "Layouts einkürzen", die weder zum Spielen noch zum Schreiben gehören. Aber generell würde ich sagen: 2/3 spielen, 1/3 schreiben (inklusive allem), das kommt bis heute ungefähr hin als Verhältnis beim Spieletesten.
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Wie lange wurde ein Spiel normalerweise getestet (insbesondere Rollenspiele!)? Benutzte man da auch öfters Cheats, um schneller fertig zu werden?
| jl:
Wir haben keinesfalls alles durchgespielt, das ging zeitlich einfach nicht -- was das anbelangt, sind wir bei GamersGlobal.de heute ehrgeiziger bzw. die Spiele sind in vielen Genres auch einfach kürzer geworden. Aber dennoch war bei großen Spielen immer daS Ziel, bis zum Ende oder kurz davor zu kommen, und kürzer als zumindest einen Arbeitstag wurde wohl kein Spiel getestet. Cheats habe ich nur selten benutzt, da sie leicht das Spielerlebnis verfälschen können, aber teilweise gab es Komplettlösungen für Adventures oder ähnlich lineare Spiele.
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Hast du auch privat am Computer gespielt, oder hattest du die Nase voll?
| jl:
Da ich fast alles in meinen Genres abgedeckt habe, also gerade Strategiespiele und Rollenspiele, und da das im Prinzip nur möglich war, indem ich auch privat gespielt habe, gab es da eigentlich keine Trennung.
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Habt ihr auch die Konkurrenzmagazine gelesen und deren Testberichte mit euren verglichen?
| jl:
Ja, natürlich. Zumal es damals nicht so viel Konkurrenzhefte gab, da konnte man gut den Überblick behalten.
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Zu welchen deiner ehemaligen Kollegen hast du heute noch Kontakt?
| jl:
Da die Frage vermutlich auf PC-Player-Kollegen zielt: Eigentlich nur zu denen, mit denen ich auch heute noch bei GamersGlobal.de zusammenarbeite, also vor allem Heinrich Lenhardt, Mick Schnelle und Roland Austinat. Bei einem Veteranen-Grillfest bei Boris vor einigen Wochen habe ich nach langer Zeit mal wieder Hendrik Fisch getroffen, von Monika Stoschek und einigen anderen habe ich leider schon lange nichts mehr gehört.
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An welche/n Test/s kannst du dich noch gut erinnern, und welches Spiel hat dich damals am meisten aufgeregt? Dein Favorit?
| jl:
Ich kann mich sowohl an die Tests zu WarCraft 2 als auch Tomb Raider noch gut erinnern. In beiden Fällen haben sich die entsprechenden Firmen extrem aufgeregt, weil sie die angebliche Genialität der beiden Titel nicht ausreichend gewürdigt sahen von mir beziehungsweise PC Player. Umgekehrt war ich fassungslos, als meine werten Kollegen -- wir hatten damals auf das "leicht umstrittene" Sternchen-System umgestellt -- die Sogwirkung von Diablo 1 nicht erkennen wollten und ich mir den Mund fusselig reden musste, damit sich der eine oder andere dazu herabließ, nicht nur 2 oder 3 Sterne (von 5) dafür zu geben.
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Was ist das beste Spiel aller Zeiten? Warum?
| jl:
Das beste spiel gibt es für mich nicht, aber in meine ewigen Bestenliste stehen unter anderem M.U.L.E., Civilization, Zork II, Pirates!, Final Fantasy VII, Ultima V und Medieval - Total War. Wenn ich versuche, ein gemeinsames "Warum" dafür zu finden: Es sind fast alles Spiele -- auch das Infocom-Adventure Zork --, die eine eigene, glaubwürdige Welt erschaffen, in der man sich relativ frei bewegen kann.
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Was hältst du von Emulation? Spielst du sogar ab und zu mit einem Emulator?
| jl:
Sehr viel sogar, aber mehr zum nostalgischen Rückerinnern oder um schnell ein paar Screenshots für Retro Gamer zu machen, als dass ich wirklich darauf noch Spiele durchspielen würde. Ich finde, dass gerade alte 8- und 16-Bit-Konsolentitel oder auch Homecomputer-Spiele auf der original Hardware und insbesondere mit einem Röhren-Fernseher oder VGA-Monitor viel mehr Spaß machen.
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Ist die Spieleszene wirklich so einfallslos geworden, wie die Retrofreaks immer jammern, oder haben wir heute nicht auch Vieles erreicht, von dem wir damals nur geträumt haben. Was hätte im Bereich Videogames seit damals anders/besser laufen können/müssen?
| jl:
Es ist ein wenig wie bei der Rockmusik: Irgendwann sind alle Riffs ausprobiert, alle Drum-Solos gespielt, alle Bassläufe gezupft -- und dann folgt im Wesentlichen die Wiederholung, Zitierung und Neukombination von Bekanntem, und die fortgesetzte technische Perfektionierung. Ähnlich sieht das auch bei Spielen aus. Da ich tatsächlich immer wieder mal, in größeren Abständen, einen alten Klassiker länger spiele (statt sie nur kurz anzuspielen), weiß ich, dass sehr viel Nostalgie und rückblickende Verklärung nötig ist, um damalige Spiele grundsätzlich besser zu finden als heutige. Man erinnert sich, glaube ich, gar nicht so sehr an die Spiele an sich, sondern an das eigene Lebensgefühl damals: Man war jünger, man hatte viel Zeit, das Leben schien unkomplizierter, jedes Spiel war noch neu und überraschend. Gleichzeitig ist es unbestreitbar eine Stärke vieler Retro-Titel, dass sie relativ begrenzte Spielmechaniken hatten und dass die Grafikfähigkeiten der Maschinen so begrenzt waren, dass die Entwickler zaubern und vor allem die Phantasie der Spieler anregen mussten, um daraus etwas Tolles zu machen. Und noch zu den modernen Spielen: Die sind so breit gefächert, dass man sie nicht in einen Topf werfen kann und als "zu leicht" oder "Massenware" oder ähnliches abtun kann. Ein Blockbuster kann ein großartiges Spielerlebnis bieten, ein Indietitel ebenso. Für mich persönlich zählt immer nur: Habe ich Spaß mit einem Spiel? Dann ist es mir egal, ob es Retro ist oder modern, ob es auf einer PS4 läuft oder auf einem GBA.
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Wieso sterben deiner Meinung nach in Deutschland die Spielezeitschriften langsam aus und welches Magazin ist momentan dein Favorit?
| jl:
Mein Favorit ist selbstverständlich Retro Gamer im Bereich der Printhefte und GamersGlobal.de im Bereich der Online-Magazine. Ich wüsste auch in beiden Fällen keines, das ich besser finden würde -- was nicht heißt, dass es nicht auch gleichgute gibt. Die Hefte sterben, weil sich nicht mehr genug Leute eines kaufen, und die Online-Magazine sterben, weil die Anzeigenpreise absolut im Keller sind. Spieler sind als Werbezielgruppe relativ wenig wert, beziehungsweise man glaubt, sie sowieso über Gießkannen-Plattformen wie Facebook oder Fernsehen erreichen zu können. Dass echte Gamer Multiplikatoren sind und etwas anderes als Leute, die sich einmal im Jahr das neueste FIFA kaufen, vergessen manche Hersteller oder ihre Werbeagenturen leider.
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Kannst du dir vorstellen nochmal im Print-Bereich zu arbeiten?
| jl:
Ich arbeite ja durch Retro Gamer noch im Printbereich, wir erstellen mit der GamersGlobal-Redaktion alle drei Monate ein Heft für den eMedia/Heise-Verlag, das sind rund 800 Print-Seiten im Jahr. Von solchen Auftragsarbeiten abgesehen, kann ich mir das aber in der Tat nur schwer vorstellen, vor allem nicht im Spielebereich, siehe vorige Frage.
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Wie stark hat sich dein Leben durch das Internet verändert?
| jl:
Extrem, wie wohl das Leben von jedem, der heute jünger als 60 Jahre alt ist. Bei mir kommt natürlich auch noch das Berufliche dazu: Inhaber beziehungsweise Chefredakteur eines Online-Magazins zu sein, stellt einen ständigen Großangriff auf mein Privatleben dar, wie ich es in dieser Form -- selbst in meiner selbstausbeuterischen Zeit bei PC Player und GameStar -- nie zuvor erlebt habe. Zumindest bei meinen Mitarbeitern achte ich aber auf geregelte Arbeitszeiten.
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Als dein Online-Spielemagazin GamersGlobal.de gestartet ist, hättest du gedacht das es doch so erfolgreich wird? Wie kam es überhaupt zu der Idee ein Online-Spielemagazin zu machen wo jeder mitmachen kann?
| jl:
Der Erfolg von GamersGlobal.de ist relativ: Dass es seit mittlerweile vier Jahren besteht und ein paar Mitarbeiter ernährt sowie immer noch wächst, ist angesichts des Marktumfelds schon eine ziemliche Leistung. Aber ich würde mir durchaus wünschen, dass noch viel mehr Leute erkennen, wieviel Herzblut und Qualität dahinterstecken, von uns in der Redaktion, aber auch von den Usern. Die Idee des "Jeder kann mitmachen" war einfach die logische: Der Spielemarkt ist so zersplittert und das Nischen-Expertentum so gewaltig, das ein paar Redakteure in einem Büro plus ein paar freie Autoren drumherum das im Leben nicht alles abdecken können. Wenn man aber zumindest einige "Experten-Spieler" dazu bringen kann, ihr Wissen mit den anderen zu teilen (was schon darin bestehen kann, dass jemand einen Patch zu einem ihm wichtigen Spiel auch wirklich ausprobiert und einzuordnen vermag), kommt am Ende ein kompetenteres Magazin heraus, als wenn man alles irgendwie selbst abdecken will. Allerdings habe ich unterschätzt, wie aufwändig die Qualitätssicherung der User-Beiträge ist -- es ist halt nicht jeder zum Schreiber geboren, und viele geben bei GamersGlobal.de nach den ersten paar News-Versuchen auf, weil wir sehr hohe Ansprüche stellen. Die Mitmach-User jedoch, die bleiben, bereichern GamersGlobal ungemein.
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Ist dein Blog "Jörg spielt" zu Gunsten von GamersGlobal stillgelegt worden?
| jl:
Faktisch ja: Ich habe schlicht nicht mehr die Zeit, beides zu betreuen. Zudem pflege ich auf GamersGlobal.de, gerade im Kommentarbereich und bei meinen Kolumnen, einen sehr persönlichen, sehr direkten Stil, sodass ich kein Bedürfnis habe, neben meiner "offiziellen" Meinung noch eine "inoffizielle" zu verkünden. Dinge wie kürzlich "Jörgs Tokio-Tagebuch" oder "Langer lästert", die ich früher sicher bei Jörg spielt gebracht hätte, erscheinen heute einfach direkt bei GamersGlobal.de.
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Wer hatte die Idee dazu die englische Retro Gamer ins deutsche zu übersetzen?
| jl:
Imagine Publishing bietet die Lizenz schon seit Jahren an, interessanterweise wurde ich schon mal bei einem anderen Verlag, in meiner Zeit als freier Journalist, damit konfrontiert, ob ich die Übersetzung von Retro Gamer oder eines anderen Titels von Imagine Publishing machen will. Daran hatte ich damals aber kein Interesse, aus mehreren Gründen. Im Frühjahr 2012 kam dann eMedia auf mich zu, ob ich das mit GamersGlobal übernehmen möchte. Da hat dann alles gepasst, und ich habe sehr gerne ja gesagt.
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Wird der boomende Retro-Zeitschriften-Markt bald zu einer Übersättigung führen, die uns zwingt die selben alten Geschichten wieder und wieder zu lesen?
| jl:
Es gibt so viele Retro-Themen, und es werden ja jeden Tag mehr, da habe ich keinerlei Sorgen in diese Richtung. Das Problem ist eher, dass man als Zeitschrift irgendwann einmal die wichtigen Themen durchhat, also zum Beispiel bei den "Firmen-Archiven" von Retro Gamer, und langsam ins Obskure abdriftet. Aber erstens ist das noch eine gute Weile entfernt, zweitens sind in ein paar Jahren auch wieder neue "verstorbene" Firmen dar, oder man nimmt sich eines alten Themas auf neue Weise an. Anatol Locker bringt etwa im kommenden Retro Gamer 1/2014 (erscheint am 5. Dezember) durchaus Neues zu Sierra, Winnie Forster gräbt gerade für den ersten Teil von "Made in Japan" in seiner extensiven Spiele- und Magazin-Bibliothek, und wird sicher Dinge zutage fördern, die noch nicht jeder weiß.
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Was müsste geschehen, damit die heutigen Spiele auch wieder "kultig" werden können?
| jl:
Dasselbe wie bei den Spielen früher: Sie müssen den Spielern auch noch Tage und Wochen nach dem Spielen noch im Gedächtnis bleiben. Und das geschieht ja auch, Titel wie GTA 5 oder Dark Souls oder Minecraft sind ganz sicher Titel, an die man sich -- aus verschiedenen Gründen -- auch in 20 Jahren noch erinnern wird. Und nicht zu vergessen: Für jede neue Generation ist das Erlebnis des "ersten Mals" mit Spielen oder bestimmten Serie erneut da, während alte Hasen wie wir dieses Erlebnis eben schon vor vielen Jahren hatten.
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Wie denkt du über den Unterschied zwischen den Computerzeiten damals und heute? Bist du retro?
| jl:
Als ich mit der Computerei anfing (erst ein Cosmos Experimentiercomputer, dann relativ schnell ein Commodore 64, dazu entsprechende 8-Bit-Konsolen bei Freunden), war ich ein Exot im Freundeskreis, das schweißt natürlich mit dem Hobby zusammen. Heute sind Computer das Normalste von der Welt, jeder spielt, irgendwann, irgendwie. Gleichzeitig haben Spiele durch die ganzen 99-Cent-Apps in gewisser Weise an Wert verloren. Ich habe den Eindruck, dass damals zum Spielen ein größeres technisches Verständnis gehörte, beziehungsweise dass Videospieler eher "Otakus" waren, also Nerds, als heute. Ich glaube zum Beispiel, dass zu Zeiten eines C64 fast jeder mal versucht hat, das Ding zu programmieren oder zumindest ein Listing abzutippen, ähnliches dürften heutzutage nur noch Bruchteile der Computerspieler oder Computernutzer tun. Ich bin nicht "retro" im Sinne von "ich sammle 10.000 Spiele und 100 Konsolen" oder "ich finde alles Neue schlechter als die gute alte Zeit". Ich bin aber retro im Sinne von "Ich erinnere mich gerne an damalige Spiele / Musik / TV-Serien" zurück, beziehungsweise ich spiele / höre / schaue sie auch heute noch gern. Ich möchte diese Erfahrungen niemals missen, sie machen einen wichtigen Teil meines Lebens aus.
| ?:
Wie denkst du über Retro-Fans wie uns? Ist das cool oder haben wir doch nur alle 'nen Schuss?
| jl:
Ich glaube, dass es zu jedem Hobby gehört, einen kleinen "Schuss" zu haben, denn ansonsten wäre es ja nichts Besonderes, und die Leidenschaft würde fehlen. In der heutigen Internet-Zeit des "Alles ist immer verfügbar" (oder zumindest irgendwie) halte ich es für eine schöne Sache, sich für eine Sache sehr stark zu begeistern, und sich bei einer Sache sehr gut auszukennen. An der Retro-Szene schätze ich einen Umstand besonders: das Physische. Während heute Spiele immer mehr zu einem Lizenzleihvertrag mit Steam oder wem auch immer verkommen und es den Spielebesitz als solchen kaum noch gibt, geht es in der Retro-Szene um echte Module, um echte Packungen, um echte Konsolen. Das schätze ich sehr, und darum mag ich auch Retro Gamer so sehr als Kontrastprogramm zu GamersGlobal.de - denn eine Website ist ja letzten Endes nichts, das man wirklich in der Hand halten kann.
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Wir bedanken uns bei Jörg Langer für das Interview und wünschen ihm alles Gute für die Zukunft!
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Interviewer war Kultboy. Das Copyright des Interviews unterliegt Kultboy sowie Jörg Langer,
eine Kopie hiervon darf nur mit Genehmigung gemacht werden!
| User-Kommentare: (26) | Seiten: [1] 2 › » |
11.03.2024, 23:23 robotron (2745) | |
Wieder einmal Danke für das informative Interview ... so lernt man gleich noch etwas. Achja, die Ausgabe hab ich gleich mal bestellt. |
10.03.2024, 10:08 markymark79 (872) | |
Top, tolles neues Interview. Ich finds cool, wie offen und transparent er auf die Fragen geantwortet hat. Danke auch an Jörg, dass er diese "Bürde" auf sich genommen hat, die Retro Gamer weiterzuführen und so prima die Zügel in der Hand hält. |
22.10.2013, 22:25 Nr.1 (3797) | |
Kingslayer schrieb am 22.10.2013, 21:40: Sorry,aber mir gehen Jörgs minutenlange Monologe beim Spieleveteranen Podcast über alle möglichen Strategiespiele schon auf die Nerven.Kann aber auch daran liegen,das das nicht mein Genre ist.Also nichts für ungut,Jörg ! Das sehe ich ähnlich. In meinem Fall liegt es aber daran, dass ich mit Podcasts allgemein nicht warm werde. Ich will die Spiele gerne sehen, über die gesprochen wird oder zumindest einen anständig vorbereiteten Bericht hören. "Echte Radiomacher" wissen, wie sie die Leute allein über Audio bei der Stange halten. Viele der Podcaster wissen das nicht (kein Wunder, es sind eben keine Profis auf diesem Gebiet) und labern teils stundenlang und strukturlos vor sich hin. Das ist nicht böse gemeint, aber so empfinde ich es eben. |
22.10.2013, 21:40 Kingslayer (24) | |
Sorry,aber mir gehen Jörgs minutenlange Monologe beim Spieleveteranen Podcast über alle möglichen Strategiespiele schon auf die Nerven.Kann aber auch daran liegen,das das nicht mein Genre ist.Also nichts für ungut,Jörg ! |
22.10.2013, 20:19 Oh Dae-su (1005) | |
Auch von mir ein herzliches Dankeschön an kulty und Jörg Langer für das Interview! Jörgs Spieletests habe ich zwar bis heute nie gelesen, aber beim Spieleveteranen-Podcast höre ich ihm immer gerne zu! |
22.10.2013, 19:21 kultboy [Admin] (11579) | |
Die zwei Testberichte (Star General und Wizard) die Jörg erwähnt hat kann man sich nun auch bei uns durchlesen. |
21.10.2013, 21:52 cassidy [Mod] (4160) | |
Übrigens, die Community kann sich immer gerne beteiligen, was Fragen an bekannte Redakteure, Programmierer oder Musiker angeht. Im Forum wird jeweils zum anstehenden Interview ein eigener Faden aufgemacht, bei dem sich jeder User mit seiner Idee, seiner Frage einbringen kann! |
21.10.2013, 18:46 drym (4268) | |
Sehr schönes Interview. Man merkt richtig, wie Jörg Langer sich hier wirklich Zeit für die Fragen genommen hat. Und kultboy hat auch wirklich gute Fragen gestellt.
Danke an Beide! |
20.10.2013, 09:21 nudge (1992) | |
Richtig gutes Interview und mit manchen Antworten kann ich mich 100% identifizieren |
16.10.2013, 19:37 Nr.1 (3797) | |
Auch bei joergspielt.de ist das die oberste Neuigkeit. Naja, der gute Herr Langer hat auch seit ca. einem Jahr nichts anderes an der Seite gemacht. |
16.10.2013, 19:29 kultboy [Admin] (11579) | |
Mittlerweile stehen wir bei Gamersglobal sogar in den Hauptnews mit dem Interview. |
16.10.2013, 14:20 Wurstdakopp (1295) | |
Schweini wird fürs spielen, nicht fürs rechnen bezahlt... |
16.10.2013, 12:44 drym (4268) | |
In der Bundesliga scheint das zu gehen. Bastian Schweinsteiger verdient 8 Millionen Euro Netto im Jahr, darüber wird verhandelt und Bayern zahlt eben den Betrag, der dafür nötig ist. |
16.10.2013, 12:14 invincible warrior (1991) | |
Naja, Netto-Gehaltsverhandlungen sind ja auch ein bisschen schwerer als Brutto, da es ja mehrere Steuerklassen gibt. Wer will kanns sich ja trotzdem ausrechnen und als Wunschgehalt angeben. Die 4500 Mark sind laut Inflationsrechner übrigens grob 3200€ nach heutiger Kaufkraft. Ich bin mir sicher das sich so mancher Redakteur (bzw. als Anfänger sowieso nur noch Voluntär) über son Gehalt noch heute mehr als freuen würde. |
16.10.2013, 11:57 Commodus (6403) | |
drym schrieb am 16.10.2013, 10:13: Naja, da man ungefähr sagen kann, dass eine Mark damals die Kaufkraft eines heutigen Euros hatte (oder sogar etwas mehr) wären auch 4500 DM Brutto mehr als ordentlich.
Ja, was habe ich damals in der Schule davon geträumt Spieleredakteur zu werden. 2/3 der Zeit zocken bis die Socken qualmen. Den Rest wie Layout, Musterbeschaffung, Kontaktpflege und den ganzen eher langweiligen Kram hätten mir mit Sicherheit Hr. Lenhardt oder B.Schneider schon abgenommen, zumal mein Englisch gerade so dazu ausgereicht hätte, einen Ami, oder Engländer zu verstehen zu geben, das man nichts versteht. Ja, ein richtig gut bezahlter Traumberuf damals für mich! Hätte ich mich bloß beworben. Dann würdet Ihr mich jetzt um ein Interview bitten. | Seiten: [1] 2 › » |
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