Also, ich verbinde "Indiana Jones and the Fate of Atlantis" trotzdem zuerst immer mit dem Amiga! Klar, von allen drei Versionen, die damals auf den Markt kamen (PC, Amiga, Mac), war die Commodore-Fassung die schlechteste. Dass man es wahrscheinlich besser hinbekommen hätte, kann man am direkten Vorläufer "Monkey Island 2: Le Chuck's Revenge" sehen: Hier stimmen Grafik und Benutzerfreundlichkeit (das Diskettenwechseln hält sich mit Unterstützung eines Zweitlaufwerks in angenehmen Grenzen), wohingegen die musikalische Untermalung via iMUSE bereits dort eher enttäuschend ausfiel. Hier wiederum bietet sich ein Vergleich mit dem ersten Teil der Affeninsel an, klang der von
Chris Hülsbeck arrangierte Soundtrack auf der "Freundin" doch richtig fett!
Andererseits, vergleicht man "Fate of Atlantis" einmal mit den Adventures aus dem Hause Sierra On-Line, oder besser gesagt, deren Amiga-Portierungen, erscheint die Konvertierung in einem gänzlich anderen (weitaus hellerem) Licht - wohlgemerkt nur unter den richtigen Systemvoraussetzungen! Und genau das ist der Knackpunkt, denn viele der damaligen Amiga-Fans brachten den Begriff "Minimalkonfiguration" zumeist einzig und allein mit PCs in Verbindung.
"Aufrüstung? Ne Du, ich bin Pazifist...", war seinerzeit wohl
das Argument eines eingefleischten Amiga-Besitzers, für den sein A500 inkl. 1MB Arbeitsspeicher das Maß aller Dinge war! Und eben jene Leute schauten plötzlich ganz dumm aus der Wäsche, als Titel wie "Wing Commander" und "Ultima VI" lediglich im Schneckentempo über den heimischen Monitor krochen...
Im Grunde genommen konnte man doch froh darüber sein, dass LucasArts "Fate of Atlantis" überhaupt noch als von Disketten spielbare (oder eben auch nicht) Version herausgebracht hat. Hätten sie allerdings das Adventure als HD-only-Variante veröffentlicht, sowie Interplay bzw. Metadigm es Ende 1993 mit "Star Trek: 25th Anniversary" gewagt hat, hätte es wahrscheinlich zuhauf Todesdrohungen gegen LucasArts in der Leserbrief-Rubrik der damaligen Fachmagazine gehagelt...
Als weiteres Beispiel für das vehemente Pochen auf Standardkonfiguration seitens der Commodore-Jünger könnte evtl. auch Thalions RPG-Meisterstück "Ambermoon" dienen. Warum? Na ja, bekanntlich hat es sich ja nur sehr schlecht verkauft, wofür in erster Linie die Raubkopierszene verantwortlich gemacht wurde. Könnte mir aber ebenso vorstellen, dass viele Leute wegen der Hardwareanforderungen bereits im Vorfeld vom Kauf absahen. Klar lief es auch mit einem "nackten" A500 und 1MB im Schlepptau - nur wie es halt lief, das steht auf einem anderen Blatt! Tja, wer Spitzensoftware zocken will, muss auch entsprechend dafür löhnen - und eben nicht nur für das Produkt an sich!
"Die Frage ist nicht länger, was ein Spiel für Dich tun kann, sondern was Du für ein Spiel tun kannst" - so oder ähnlich könnte man den Zeitgeist der Spieleindustrie der frühen neunziger Jahre in Worte fassen. Ein Geschäftsmodell, das insbesondere die Firma Origin regelmäßig und in vollen Zügen auslebte! Und trotzdem war der Erfolg auf ihrer Seite - demnach gab es tatsächlich Leute da draußen, die bereit waren, teures Geld in neue und leistungsfähige Systemkomponenten zu investieren - warum nur waren diese fast ausschließlich auf dem PC-Sektor zu treffen? Keine Ahnung, aber derweil sich PC-User mit äußerst hardwarehungrigen Titeln wie etwa "Wing Commander II" oder "Ultima VII" vergnügten, warteten Amiga-Fans immer noch auf die Umsetzungen der jeweils vorangegangenen Teile jener beiden Kultspiele, welche die hochgesteckten Erwartungen allerdings nur ansatzweise zu erfüllen vermochten...
Was nun den guten
Dr. Jones betrifft: Seine Exkursion zum verlorenen Kontinent geriet auf der "Freundin" zum zweischneidigen Schwert. Grundsätzlich hängt die Qualitätseinstufung des Adventures von drei unterschiedlichen Konfigurationsmerkmalen ab:
1.
"Na ja..." - min. Konfiguration: A500 + 1MB + Zweitlaufwerk
2.
"Geht so" - mttl. Konfiguration: A500 + 2MB + HD
3.
"Super!" - max. Konfiguration: A500 + 2MB + HD + Turbokarte
Auf einem A1200 mit zusätzlicher Festplatte läuft die ganze Angelegenheit dank integriertem 2MB-Arbeitsspeicher und 68EC020-Prozessor ebenfalls schon recht ordentlich ab...
Bleiben noch Grafik und Sound: Tja, da kann man natürlich nicht viel reißen. Trotzdem sieht die Optik alles andere als schlecht aus; vergleicht man sie mal direkt mit der PC-Fassung, so wird man feststellen, dass sich die Unterschiede in engen Grenzen halten. Was auf dem Amiga vermeintlich farbarm und runtergewandelt daherkommt (bestes Beispiel der Hinterhof des Theaters in New York oder das Publikum in
Sophias Show), sieht in der VGA-Version auch nicht viel besser aus. Zudem fällt das Setting bei "Fate of Atlantis" bei weitem nicht so farbenfroh wie bei "Monkey Island 2" aus. Lediglich bei exotischeren Orten, wie z.B. der Dschungel in Tikal oder die Azoren, ist wirklich ein deutlicher Unterschied gegenüber dem PC/Mac wahrnehmbar. In Sachen musikalischer Untermalung hält sich Teil 4 des berühmten Fedora-Trägers auf dem Amiga allerdings wirklich stark zurück - jedoch hatte ich damit nie ein großes Problem, da ich den Sound während des Forschens und Rätselns ohnehin nur unterbewusst wahrgenommen habe. Zudem lehrte mich schon die ASM, dass Musik und Soundeffekte in Adventures und RPGs eh keine Rolle spielen (siehe auch "Spiel des Monats" in Ausgabe 6/92), was natürlich Schwachsinn ist...
Wie gesagt, alles eine Frage der Hardwarearchitektur - und damit natürlich des Geldes! Andererseits, PC-Jünger hatten seinerzeit ganz offensichtlich keine allzu großen Probleme damit, ihre Kisten für die nächste Spielegeneration fit zu machen. Bei den vielen Amiga-Fans hingegen blieb es zumeist bei dem guten Vorsatz, seine 68000er-Maschine entsprechend zu "frisieren". Folglich darf man sich dann auch nicht über das vergleichsweise schwache Ergebnis am heimischen Commodore-Monitor wundern...
Wie auch immer, für mich bis heute das beste Adventure, welches mir je untergekommen ist! Darüber hinaus ist die Amiga-Version die einzige, die ich bislang in allen drei Variationen beendet habe. Müsste ich mich jetzt unbedingt zwischen PC-Talkie-Fassung und Amiga-Portierung entscheiden, ich würde letztere wählen. Bescheuert? Vielleicht, aber dazu steh' ich. Was nun die geplante Neuauflage betrifft: die schaut so aalglatt und bürokratisch aus, da kann der gute
Indy seinen Anzug, den er in New York trägt, glatt das ganze Abenteuer über anlassen, damit er ja nicht, mit Lederjacke und Bullenpeitsche gerüstet, die penibel sauber gestalteten Räumlichkeiten beschmutzt - und immer schön Reinigungsmittel und ein feuchtes Tuch mitnehmen...
Kommentar wurde am 04.11.2016, 16:00 von Bren McGuire editiert.