Für dieses Spiel kann man einfach nicht weniger als 10 Punkte vergeben. Für mich eines der besten Adventure, wenn nicht sogar das beste Abenteuer, welches man auf Computersystemen spielen kann.
Nachdem sich meine Freundin naserümpfend vom Adventuregenre (Stichwort: Durchspielen von
Phantasmagoria II) abgewendet hatte, musste ich tief in die Trickkiste greifen, um sie wieder zum gemeinsamen Rätseln vor dem Monitor bewegen zu können. Wer konnte mir besser dabei helfen als der Mann, der reihenweise Studentinnen in Ohnmacht fallen lässt, der vor nichts und niemanden zurückschreckt (außer vor Schlangen natürlich
) und der sowohl im Anzug als auch im Junglelook eine prächtige Figur macht? Nur der bußfertige Indy und seine zickige Sophia konnten das Vertrauen ins Adventuregenre meiner Freundin zurückgewinnen. Die beiden haben mich nicht enttäuscht...
Bewaffnet mit Schlangenöl, Schlapphut und ScummVM (mit installiertem Timidity-Soundfont) stürzten wir uns ins Abenteuer. Nach kurzer Eingewöhnungsphase (bei den ersten Grafiken war meine Freundin noch pessimistisch) fiel meiner Partnerin die Steuerung leicht, Indy fiel von oben nach unten (Intro!) und schon da huschten die ersten Schmunzeler (es sollten nicht die letzten sein) über die Lippen meiner besseren Hälfte. Fast vergessen zu erwähnen: Die Steuerung des Spiels übergab ich komplett an sie, da ich das Spiel schon gefühlte 20 Mal vollendet hatte. Außerdem konnte ich das Spiel mal so aus "defensiver Position" mit kühlem Bierchen in der Hand genießen. Für mich war hingegen die Talkie-Version Premiere, die ich bis dato noch nie gespielt hatte und die uns durch Darstellung deutscher Untertitel nicht im Dunkeln tappen ließ. Damals musste ich mir die Stimmen ja noch vorstellen, aber diesmal konnte man sich zurücklehnen und den Sprachergüssen der Protagonisten lauschen. Gleich zu Beginn erheiterte uns
Dr. Björn Heimdall, der mit einem lustigen Akzent vor sich her plapperte. Zu der Sprachausgabe möchte ich noch kurz festhalten, dass durchweg alle Stimmen hervorragend zu den Charakteren passen. Lediglich bei den Nazis hätten wir uns deutsche Sprachakustik und keine mit Akzent unterlegten Amisprecher gewünscht. Deutsche Stimmen wären einfach atmosphärischer und realitätsnaher gewesen.
Auf alle Fälle rätselte sich mein Pendant respektabel durchs Spiel. Nur selten gab ich kleinere Tipps, damit sie nicht allzu lang brummig
"...ich komme nicht weiter" säuselte. Wir wählten übrigens den Team-Weg, da wir ja auch als Team vor dem Rechner saßen.
Äußerst interessant und zugleich erheiternd waren bestimmte Aktionen bzw. Aussagen von ihr:
- in Monte Carlo schaffte sie es gleich mit dem ersten Klick Herrn Trottier zu identifizieren (Anfängerglück?)
- vorm Eingang zu Atlantis versuchte sie allen Ernstes, der Statue unseren Sandwich aus dem Inventar einzuflößen (sah die Statue wirklich so hungrig aus?)
- beim Nichtweiterkommen auf dem Uboot sagte sie trotzig: "Als Frau kenne ich mich mit Ubooten doch nicht aus. Ich mag keine Uboote."
Zur Handlung brauche ich nichts weiter zum Besten geben, ihr kennt ja alle größtenteils den wunderbar mitreißenden Plot. Wir waren uns einig: Diese Geschichte hätte auch wunderbar verfilmt werden können.
Fehler bzw. Mankos sucht man im Spiel mit der Lupe. Nur folgende Dinge habe ich mir notiert:
- in Atlantis trägt man einen sogenannten "Fischkopf" (mit dem man
)mit sich herum, für uns sah das Teil eher nach einem
Bär- bzw. Schweinskopf aus
- die Übersetzung ist nur an ganz wenigen Stellen holprig bzw. in Atlantis, wo man mit dem Krabbenfloß unterwegs ist, nicht vorhanden: Jones sagt "It doesn't quite fit" (Untertitel nicht eingedeutscht) wenn er die Achse mit anderen Dingen als den Steinscheiben benutzt
- Gutmenschen und stark Linksorientierte dürften in die Hände klatschen, denn die
Nazis werden im Spiel per se mit
Deutsche übersetzt; dies kommt wohl dem Schuldkult, der heuer an der Tagesordnung ist, zugute
- noch kurz ein politischer Seitenhieb im Spiel:
Omar Al-Jabbar, algerischer Händler wird im Spiel als
Halsabschneider dargestellt, auch der Ballonfahrt-Verkäufer, verarscht uns auf deftige Art und Weise; Quintessenz: die amerikanischen Programmierer sind ganz klar Rechtspopulisten!
"Man lernt nie aus"! Diese Redensart muss ich jetzt anführen, denn im Spiel wurde Kerner von Sophia z. B. als
Töffel bezeichnet, welches soviel wie "ungeschickter Mensch" bedeutet. In Atlantis hingegen, beschimpft Madame Hapgood Indy als
Troglodyt (Höhlenbewohner oder gemeiner Schimpanse). Diese Begriffe waren uns bis dato gar nicht bekannt.
Zu guter Letzt möchte ich noch mal auf die tolle Musik zu sprechen kommen. Die Midiklänge verwöhnen einen fast durchweg mit schönen Melodien. Ganz besonders mundeten uns die Musikbegleitungen auf Kreta und in Atlantis. Allein am Ende gab es wummernde, nichtmelodische Sounds, die aber wohl zum Unterstützen der Dramatik des Finales zum Einsatz kommen.
Übrigens gibt es beim Abspann einen Fingerzeig auf einen möglichen Nachfolger, denn die Zeilen besagen folgendes:
"...kommt Indy wieder...als jüngerer Mann..."Kommentar wurde am 16.10.2016, 20:54 von jan.hondafn2 editiert.