Wenn Ihr nur das Zirkusboxen von RTL kennt, ist es kein Wunder, dass Ihr den Sport hasst. Denn deren Aufmachung ist wirklich obererbärmlich. Allerdings gebe ich suk Recht, dass Kampfsport allgemein tatsächlich Wrestling-mäßige Ausmaße annimmt. Gekaufte Urteile gab's gerade im Boxen leider schon allzu oft. Das K1 beispielsweise ist fast auch nur noch reine Show, wenn man sich diese Comicfiguren wie Bob Sapp und Konsorten anschaut und leider verliert auch das professionelle Boxen immer mehr an Glaubwürdigkeit.
Dennoch, den Boxsport an sich liebe ich nach wie vor und hin und wieder kriegt man ja tatsächlich mal einen guten und niveauvollen Kampf zu sehen (zuletzt Klitschko).
Hab' mir den Schulz-Minto-Kampf jetzt gerade in der Aufzeichnung angeschaut und musste schon zu Beginn fast kotzen, als Florian König (würg) ankündigte: "...und wo Promis sind, da ist auch Frauke Ludowig (doppelwürg, Anm.) nicht weit."
Der Kampf selbst war einfach nur ein Trauerspiel. Besonders erschrocken war ich über Schulz' offensichtliches boxerisches Unvermögen. Das waren Anfängerfehler, ich konnte es kaum glauben. Gut, nach so vielen Jahren Pause ist man vielleicht schon wieder so etwas wie ein Anfänger, aber dann sucht man sich nicht gleich einen Gegner wie Brian Minto aus. Der ist jetzt zwar auch kein technisch allzu perfekter Boxer, aber er ist die Nummer 26 der Welt, ein durchaus harter Mann, hat 26 seiner 27 Kämpfe gewonnen und lediglich eine einzige Punktniederlage eingefahren - und die gegen Tony Tubbs, der schon gegen die besten der Besten im Ring stand (Tyson, Bowe).
Jedenfalls hatte Schulz nicht das geringste Gefühl für die Distanz, kein sonderlich gutes Auge, war langsam und schwerfällig, aber vor allem war es technisch grottenschlechtes Boxen. Die Führhand kam mit Ankündigung als halbgarer Wischer über die Außenbahn und wenn er mal mit Kombinationen Druck machte, dann ruderte er wild mit den Armen herum, wobei er seine Deckung völlig vernachlässigte. Schlägt die eine Hand, hat die andere zum Schutz am Kopf zu sein - das lernt schon jeder Anfänger.
Die ersten beiden Runden konnte er noch halbwegs mithalten, danach war es einfach nur noch übel mitanzusehen. Schulz streckte auch seine Arme nicht richtig durch, wodurch er viel Reichweite einbüßte. Er konnte Minto daher nicht auf Distanz halten und erlaubte diesem sogar, obwohl 11 cm kleiner, seinerseits mit der Führhand den Kampf zu gestalten.
Der Niederschlag in Runde 4 war zwar kein echter Wirkungstreffer, es sah eher so aus, als wäre Schulz im Weglaufen gestrauchelt und hätte noch eine mitbekommen, trotzdem war danach Ende. Konditionell fertig versteckte er sich nur noch hinter der Doppeldeckung, tauchte teilweise so tief ab, dass Minto gar nicht mehr anders konnte, als ihm auf den Hinterkopf zu hauen (was ja schwer ausgebuht wurde) und konnte keinerlei Aktion mehr starten.
Nach anderthalb Runden gröbster Prügel kam dann zurecht das Handtuch von Rick Conti.
Mir war eigentlich klar, dass es mit seiner Rückkehr nichts werden würde. Dass es aber so deutlich werden würde, hätte ich nicht erwartet. Denn es war nun nicht so, dass Minto so unbeschreiblich gut war, Schulz war einfach wahnsinnig schlecht. Wäre er einfach nur konditionell unterlegen gewesen, hätte ich es ja noch verstanden, aber technisch war das allerunterste Schublade (und Schulz war mal ein guter Boxer, definitiv). Wer um alles in der Welt hat ihm denn erzählt, er sei bereit für diesen Kampf?!?
Ich muss cassidy Recht geben, das war wirklich die Bloßstellung und Ausbeutung eines Menschen, der zu dumm ist, zu erkennen, dass er im aktiven Profisport nichts mehr verloren hat. Zumindest nicht, wenn er ernsthaft um Titel boxen will. Moderator Drews versuchte natürlich, der Auseinandersetzung noch einen Hauch von Ausgeglichenheit zu verleihen, damit der durchschnittlich-hinrverbrannte RTL-Zuschauer nicht merkt, dass er gerade Zeuge der Farce des Jahres wird. Auf seine offenkundigen Unzulänglichkeiten ging er gar nicht erst ein und der Kommentar nach Runde 5, welchen Horst Schlemmer bereits erwähnte,war wirklich nur noch ein Witz, denn da hatte Schulz jede Gegenwehr schon völlig aufgegeben. Das Interview mit Kai Ebel (dem schleimigsten Menschen aller Zeiten, ich hasse ihn) nach dem Kampf war dann wirklich unerträglich. Muss man ihn auch noch so demütigen? Seine Erkenntnis "Ick hab' da auch keene Enstchuldigung, ick hab' eenfach beschissen jeboxt" zeugte zumindest wieder von Realitätssinn und menschlicher Größe.
Na ja, RTL hat damit die Einschaltquoten, die sie wollten und wenn man dann auch noch Maske vor aller Welt blamiert hat, waren es wieder ein paar erfolgreiche Monate für den Sender.
Übrigens, was die Diskussion zum "Kaputtmachen für Geld" angeht, hat Kulty nicht ganz unrecht. Für manche Boxer ist das der Lebensunterhalt!! Es gibt Kerle, am unteren Ende der Weltrangliste, die haben teilweise 35 Kämpfe, jeden einzelnen verloren und 33 davon durch KO!!
Die verdienen so aber halt ihr Geld - als Fallobst. Sicherlich nicht die eleganteste Lösung, sich seine Brötchen zu verdienen, aber es gibt offensichtlich Menschen völlig ohne Stolz, die sich für gar nichts zu Schade sind.
So, und jetzt gucke ich mir den Chagaev-Kampf an. Der dürfte boxerisch um Klassen besser sein.