So, schnell noch ein Resümee... Geil war's!
Hat man ein Kraftwerk Konzert gesehen, hat man ja prinzipiell alle gesehen, denn sie haben ihre Auftritt ja relativ perfektioniert und bieten ihre audiovisuelle Werkschau ja meist nahezu unverändert auf der ganzen Welt an. So war es auch an diesem Montag in der Neuen Nationalgalerie in Berlin, beim siebten von acht Konzerten der "Katalog 3-D" Reihe. Der Auftritt als solcher war dem vor fast elf Jahren im Tempodrom sehr ähnlich, aber es gab halt doch wieder einige Neuerungen. So sind die Videos, die meist den perfekten Rahmen zu allen Tracks bilden, inzwischen in 3-D, was bedeutet, dass man sich ein wenig an die Anfänge der ersten 3-D Kinofilme zurückerinnert fühlte, wenn man mal einen Blick ins Publikum warf. Der 3-D Effekt selber war auch gar nicht mal sooo spektakulär. Das ABCD Vitamin-Video sah sogar regelrecht verschwommen aus. Klasse Kontrast dazu das Video zu Spacelab, bei dem eine Raumstation die Erde umkreist, und wenn diese dann näher rotierte, um aus dem Bild zu fliegen, "stachen" die Antennen quasi regelrecht in die Augen. Das war schon geil. Und der Höhepunkt war dann am Ende des Stückes, als ein UFO auf die Erde zusteuerte, über Berlin hinwegflog und dann bildlich direkt vor der Neuen Nationalgalerie landete, was durch die 3-D Brille wirklich aussah, als landete das UFO direkt auf der Bühne.
Aber mehr noch als die Videos steht natürlich bei jedem Kraftwerk-Konzert die Musik im Vordergrund. Und die knallte vom ersten Track (Nummern) an richtig rein. Der Sound war unfassbar laut, glasklar und richtig fett. Die Bässe waberten mehr als einmal wohlig durch den Magen und manchmal hatte ich den Eindruck, diese kämen sogar auch in 3-D daher. Die Höhen kamen jedenfalls bei Bedarf definitiv aus allen möglichen Richtungen des Raumes. Klasse! Die Songauswahl war okay, hier und da gab es wieder kleine Improvisationen (bis auf Das Model, dass weiterhin noch genauso klingt wie 1978) - und bei Radioaktivität gab es (natürlich möchte man sagen) ein Update mit aktuellem Bezug - Fukushima wurde mit in den Song aufgenommen und den ersten Teil des Tracks sang Ralf auf japanisch. Schwächer als beim letzten Mal war leider der Metall-Teil des Trans Europa Express, bei dem mir auch das alte Video mit den ineinander knallenden Waggon-Puffern viel besser gefallen hat.
Die Künstler selber agierten wie immer minimalistisch zurückgenommen, erlaubten sich aber weitaus öfter mal "Gesten außer der Reihe", als früher noch. Vor allem Ralf Hütter scheint mir, je älter er wird, wieder wesentlich menschlicher zu werden. Nach den wilden Anfangszeiten, mit hektischen Bewegungen auf der Bühne, haben die Kraftwerker ja den sehr SEHR roboterhaften Stil für sich übernommen. Nur keine Regung, pure Konzentration auf das Wesentliche. Diese Zeiten scheinen wirklich vorbei, denn ich erwischte ihn öfter mal bei tanzähnlichen Bewegungen, oder wie er mit geschlossenen Augen doch mit den Händen dirigierend Teile der Tracks verfolgte. So auch hier, als kleines Beispiel aus meinem heiß geliebten Outro, während des Solos von Fritz Hilpert.
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=2Ihheni_sY4[/youtube]
Allerdings - technisch offenbarten die Perfektionisten ungeahnte Schwächen. Ralf vergaß z.B. an einer Stelle seinen Vocoder einzuschalten, Henning Schmitz "verschlief" bei seinem Solo 8 Takte, so dass er mit seinem Part nicht ganz fertig wurde. Aber gut, nach einer Woche läuft vielleicht nicht mehr alles so rund. Macht es mir ja nur sympathischer. Wer allerdings irgendwie so gar nicht ins Bild passen will, ist der neue Video Operator Falk Grieffenhagen. Seit dem Abgang von Florian, steht an dessen Stelle ja eben dieser Video Operator, von dem keiner so genau weiß, was er eigentlich macht. Die nächsten Videos vorladen? Das war bisher jedenfalls ein mehr oder weniger tough aussehender Jüngling aus der Kling Klang Studio Besatzung, der jetzt aber eben gegen diesen Falk ausgetauscht worden ist. Dessen Ausstrahlung passt allerdings irgendwie gar nicht zu den anderen dreien. Naja, sei's drum. Eine kleine Veränderung gab es auch bei den Robotern, die nicht nur Hemd und Hose tragen durften, sondern auch aussahen, wie mit einer Gummimaske überzogen. Sah insgesamt irgendwie menschlicher aus, als es nach meinem Empfinden sein bräuchte.
Auch wenn das vielleicht etwas arg kritisch klingt, war es jedenfalls insgesamt ein überragendes Konzert, mit bombastischem Sound, einer interessanten Location und einem sehr begeisterten Publikum. Und wie vor elf Jahren nehme ich Ralf beim Wort, wenn er am Ende sagt: "Auf Wiedersehen"...