So, habe gestern Abend "Geheimakte 3" zu Ende gespielt und kann nur sagen: Was für ein Scheiß ('tschuldigung)! Wenn ich da noch an die beiden tollen Vorgänger denke (vom genialen "Lost Horizon" ganz zu schweigen!), kann ich es immer noch nicht fassen, was für einen Müll Animation Arts mit dem (hoffentlich) abschließenden Teil der Reihe produziert hat – nach vier Jahren Wartezeit hätte man wirklich eine Menge mehr vom finalen Produkt erwarten können/dürfen! In so ziemlich jeder Hinsicht – sowohl spielerisch wie auch technisch – hat die dritte Episode gegenüber ihren Vorläufern massiv abgebaut!
Das fängt schon mit der Grafik an, die bis zum Kapitel in Florenz noch recht gut ausschaut, in den folgenden Akten aber immer mehr an die Grenze zur Durchschnittlichkeit abdriftet. Fast scheint es so, als wären die Entwickler ab der zweiten Hälfte des Adventures von einer gewissen Lustlosigkeit befangen gewesen, sehen die verschiedenen Orte zwar nicht wirklich schlecht aus, wirken aber irgendwie leer und können es zu keinem Zeitpunkt mit den tollen und vor allem detailverliebten Kulissen der beiden Prequels aufnehmen. Außerdem wird auf Scrolling fast gänzlich verzichtet, nur in ganz wenigen Szenen dehnt sich der Aktionsradius der eigenen Spielfigur über eine Bildschirmbreite hinaus aus. Auch häufen sich im Programm die Situationen, in denen der abenteuerlustige Rotschopf
Nina nur noch als kleines "Pixelpüppchen" zu erkennen ist, werden die jeweiligen Räumlichkeiten doch aus einer Panoramaperspektive dargestellt (so geschehen beispielsweise im Eingangsbereich des Museums in San Francisco, der Anlegestelle des Unterwassertempels in Griechenland oder dem Marktplatz im mittelalterlichen Florenz): Hier hat der Spieler zwar einen direkten Einblick aufs gesamte Areal, detaillierte Feinheiten jedoch bleiben damit aber in schönster Regelmäßigkeit auf der Strecke! Anstatt dem Betrachter das ganze Geschehen etwas "näher heranzubringen" entschied man sich bei Animation Arts dazu,
Nina sowie auch andere Protagonisten möglichst "klein zu halten" und lieber auf eine "Postkartenansicht" zurückzugreifen – das spart nicht nur Speicherplatz, sondern auch zusätzlichen Aufwand, nicht wahr?
Kommen wir nun zum nächsten gravierenden Schwachpunkt von "Geheimakte 3": den Animationen. Für eine Entwicklerfirma, die sich selbst Animation Arts nennt, sollte man diesbezüglich eigentlich einiges erwarten können – doch weit gefehlt! Wissen die grundlegenden Bewegungsabläufe (Gehen, Rennen, Objekte aufheben) noch zu überzeugen, so fällt fast alles, was darüber hinaus geht, dem Rotstift zum Opfer! Ganz ehrlich: Seit "Mortal Kombat: Shaolin Monks" (ich spreche jetzt natürlich von der geschnittenen deutschen Fassung dieses Spiels!) ist mir ein schwarzer Bildschirm nicht mehr derart oft unter die Augen gekommen! Nahezu jede Aktion, welche
Nina vollbringt, wird mit einem solchen "Effekt" überbrückt – und auch ständige Anmerkungen à la
"Einige Minuten Später" bzw.
"Einige Stunden später" wirken für einen Titel aus dem Jahre 2012 schlichtweg überholt. Ein solches, sich ständig wiederholendes Phänomen trat zuletzt in "Zak McKracken" auf, wenn ich mich nicht irre – und das ist mittlerweile über zwanzig Jahre her! Nichts gegen moderne Adventures im traditionellen Point-and-Click-Stil – alle althergebrachten Tugenden eines solchen Programms sollte man aber auch nicht unbedingt übernehmen! Gibt es tatsächlich mal etwas in animatorischer Hinsicht auf dem Screen zu bewundern, sieht es zumeist peinlich aus (die Düse sowie der daran befestigte Schlauch eines Hochdruckreinigers befinden sich beispielsweise plötzlich, mir nichts, dir nichts, im angepeilten Zielgebiet) – lediglich das Hinabstürzen eines brennenden Busses oder die mutwillige Zerstörung eines Gasrohres mittels einer Axt sind die löbliche Ausnahme von der Regel...
Besonders enttäuscht war ich jedoch von den mangelnden Locations: Obwohl sich das Adventure – wie bereits die beiden Vorgänger – über den halben Globus erstreckt, bekommt der Spieler in "Geheimakte 3" nur äußerst wenig davon zu sehen. So fällt die "Sightseeing-Tour" in San Francisco nicht gerade besonders umfangreich aus – vor allem vom kleinen Abstecher auf die Gefängnisinsel Alcatraz war ich sehr enttäuscht! Was für ein Potential hätte man aus einem solch ungastlichen Ort schöpfen können? Ich denke da nur an den Hinrichtungsraum inklusive dem berüchtigten elektrischen Stuhl, den unterirdischen Gängen, dem Hafen und was weiß ich nicht noch alles?! Filme wie der
Eastwood-Klassiker "Escape from Alcatraz" oder der
Jerry Bruckheimer/Don Simpson-Reißer "The Rock" bieten schließlich genug Stoff, den die Entwickler ohne weiteres auch in "Geheimakte 3" hätten verwenden können. Doch stattdessen ist der "Fels der Entscheidung" innerhalb weniger Minuten abgehakt – trauriger Höhepunkt ist dann noch das Duell zwischen zwei Robotern... eine Sequenz, wie sie insbesondere an einem solchen Ort nicht deplatzierter wirken könnte! Peinlich, peinlich... Selbst im gleichnamigen, 1992 erschienenen "Hostages"-Nachfolger – nämlich Infogrames' mehr schlechtes als rechtes "Alcatraz" – bekam man von der "Inselfestung" weitaus mehr zu sehen als in diesem Spiel... und das will schon was heißen! Doch jener unglückliche Umstand trifft nicht nur auf diesen speziellen Abschnitt zu: Fast jede Stadt beschränkt sich gerade einmal auf eine Handvoll Örtlichkeiten – auch diesbezüglich hat sich Animations Arts ganz offensichtlich am Adventure-Urgestein "Zak McKracken" bedient. Was für 1988/89 durchaus "normal" war (seinerzeit galt es sogar als komplex!), wirkt anno 2012 irgendwie enttäuschend, umso mehr, da es sich hierbei doch um weltberühmte Metropolen handelt und keineswegs um irgendwelche fiktiven Kuhkaffs à la
Lizard Breath oder dergleichen...
Aber zum nächsten unerfreulichen Punkt dieses "Katastrophen-Adventures": dem Soundtrack. Hat der dritte Teil der "Geheimakte"-Serie schon in allen anderen Bereichen gegenüber seinen Vorläufern radikal abgebaut, so trifft dies auch auf die musikalische Begleitung zu, denn allzu viel zu hören gibt es im dritten Teil nicht – darüber hinaus sind die einzelnen Kompositionen recht kurz geraten, was des Öfteren nervige Loops nach sich zieht. Teilweise klingt die Musik an einigen Locations sogar richtig fehl am Platze: So lauscht man im recht ruhigen Alcatraz andauernd einem total dramatischen Background-Tune, welcher dem Adventure zusätzlich einen gewissen "Trash-Faktor" verleiht, was sicherlich nicht im Sinne der Entwickler war. Lediglich die Musik im Unterwassertempel ist als äußerst gelungen zu bezeichnen und besitzt einen gewissen "Mitsummwert". Nun zu einem anderen Punkt bezüglich der Akustik: die Synchronsprecher. Jene leisten gute bis sehr gute Arbeit – einer der wenigen Standards, die man anscheinend aus den beiden Prequels "herüberretten" konnte! Zwar bekamen
Nina und
Max neue Stimmen verpasst, nach einer recht kurzen Eingewöhnungszeit hat sich der Spieler aber auch an diese gewöhnt. Kurzum: Die beiden neuen Sprecher machen ihre Sache ebenso gut wie die alten - immerhin
eine positive Eigenschaft von "Geheimakte 3"...
Als nächstes möchte ich auf die Rätsel zu sprechen kommen: Diese orientieren sich rein vom Schwierigkeitsgrad her wohl am ehesten an dem vor zwei Jahren veröffentlichten "Lost Horizon" – jenes Adventure empfand ich damals als recht einfach, schließlich waren wirkliche Kopfnüsse dort meiner Meinung nach nicht anzufinden. Bei "Geheimakte 3" verhält es sich nun recht ähnlich: Es gab lediglich drei Stellen an denen ich länger verweilen musste, als da wären
Max' Arbeitszimmer im Berliner Museum, dem Containerfrachtraum auf dem Flugzeugträger sowie dem Uhrenrätsel gegen Ende des Abenteuers. Ansonsten bietet das Programm eher leichte Puzzlekost, wie ich finde. Apropos Puzzles: Wie bereits zuvor in "Lost Horizon" muss man sich auch in "Geheimakte 3" an dem ein oder anderen interaktiven Zwischenspielchen versuchen – diese laufen ganz im Stile typischer Dreh-/Verschiebe-Denksportaufgaben ab, wie man sie insbesondere vom DS/Wii her kennt. Grundsätzlich bietet das Programm unmittelbar vor Beginn einer solchen Sequenz zwei Schwierigkeitsgrade an (leicht bzw. schwer), wobei die höhere Stufe ziemlich knackig ausfällt. Ich für meinen Teil habe mich dann doch lieber für die einfachere der beiden Varianten entschieden...
Als letztes möchte ich noch etwas zur Hintergrundgeschichte des Adventures sagen: Angeblich wurden für Teil 3 professionelle Drehbuchautoren angeheuert – nun, jene "Koryphäen" zeichneten vorher wohl für die Stories so mancher vorabendlicher TV-Soap auf ARD oder RTL verantwortlich, geriet die Handlung des Spiels doch äußerst unglaubwürdig, um nicht zu sagen hanebüchen! Sicherlich: Auch die beiden Vorgänger "Geheimakte: Tunguska" sowie "Geheimakte 2: Puritas Cordis" waren nicht unbedingt um eine plausible, realistische Erzählkunst bemüht – nichtsdestotrotz vermochte das dort Dargebotene den Spieler weitaus mehr zu überzeugen als es im dritten Teil der Fall ist! Dies ist nicht zuletzt den Rätseln geschuldet: Da knackt
Nina in San Francisco den Kofferraum eines Streifenwagens, ohne vorher zu wissen, was sich darin überhaupt befinden mag – nicht sehr realistisch! Zum Vorschein kommt schließlich ein Benzinkanister, welcher aber erst später zum Einsatz kommt. Hier hat es die "Runaway"-Trilogie um einiges besser gemacht, haben die verschiedenen Hauptcharaktere dort doch erst Gegenstände an sich genommen, wenn sie diese auch wirklich brauchten. Das hat hier und da zwar für unnötige Lauferei gesorgt, passte aber insgesamt besser ins Spiel und wirkte zu keinem Zeitpunkt irgendwie aufgesetzt. Außerdem kommt bei "Geheimakte 3" der Umstand hinzu, dass sich die verschiedenen Rätsel zumeist sowieso nur auf ein paar Räume/Orte beschränken, sodass sich die "Beinarbeit" diesbezüglich in engen Grenzen gehalten hätte. Nicht ganz glaubwürdig – neben der Story – wirkt auch so mancher Charakter: Da wäre zum Beispiel der amerikanische Streifenbulle, der ganz offenbar so ziemlich alles für bare Münze nimmt. Aufgrund eines wagen Verdachts macht dieser in nur wenigen Sekunden einen ganzen Kiosk dicht (Bild raus, Bild rein und der Laden ist zu; Kenner des Adventures wissen wovon ich rede). Auch der äußerst unfreundliche Besitzer jener Trinkhalle könnte klischeehafter nicht sein, wie dies überhaupt für so ziemlich jede Person, die
Nina im Laufe ihres Abenteuers antrifft, gilt. Vor allem das von
Nina titulierte "Mathe-Ass"
Kassandra könnte "nerdiger" kaum sein und würde mit ihrem klugen Dahergerede sowie der typischen Hornbrille bestens zu
Bernard aus "Maniac Mansion/Day of the Tentacle" passen! Doch trifft man im Laufe des Abenteuers auch auf solch illustre Persönlichkeiten wie etwa
Leonardo da Vinci oder
Archimedes – jene laufen Heldin
Nina Kalenkow in ihren Träumen über den Weg. In diesen kann sie grundsätzlich all das tun, was sie auch im Rest des Adventures tun kann – lediglich die Kommunikation mit anderen Charakteren fällt hier flach, da sie für diese unsichtbar ist. Trotzdem versteckt sie sich in schönster Regelmäßigkeit im Hintergrund, wenn eine Person mal wieder ihren Weg kreuzt, was ein wenig unlogisch ist – oder ist es einfach nur die Macht der Gewohnheit, welche sie dazu veranlasst? Man weiß es nicht...
Fazit: "Geheimakte 3" wurde von mir sehnlichst erwartet... doch leider hat es mich auf ganzer Linie enttäuscht und stellt somit nicht nur unter Berücksichtigung seiner Episodennummer das Schlusslicht der Trilogie dar. Aber nicht nur das Spiel selbst stößt sauer auf, sondern auch der Inhalt der (äußerlich durchaus gelungenen) Verpackung, denn im Gegensatz zu den beiden Vorläufern sowie auch "Lost Horizon" fiel das zweiseitige Poster diesmal unter den Tisch – tja, man spart halt, wo man nur kann! Wie heißt es doch so schön auf der Rückseite der Box?
"Was vor vielen Jahren begann, findet nun ein Ende..." In Anbetracht der mehr als fragwürdigen Qualität dieses Machwerks hoffe ich, dass es in Zukunft keine weiteren Teile dieser einst so vielversprechenden Reihe mehr geben wird. Sollte hingegen noch eine Fortsetzung zum brillanten "Lost Horizon" erscheinen, so wünsche ich mir sehr, dass diese nicht so dermaßen mies ausfällt wie es bei "Geheimakte 3" der Fall ist!
Meine Bewertung: 4/10 Punkten