So, aus gegebenen Anlass reaktiviere den Thread mal, denn es geht um das "Double Fine Adventure" Broken Age.
Vor gut zwei Jahren gab es einen Aufschrei unter den Fans der alten Adventures. Tim Schafer, Co-Producer von Day of the Tentacle und Hauptverantwortlicher von Vollgas und Grim Fandango, möchte ein Spiel über Kickstarter finanziert werden. Da er sogar noch Ron Gilbert, Mastermind hinter Monkey Island, hervorzieht, können die Fans nicht abwarten den beiden ihr Geld auszugeben und so kommt die wahnsinnige Summe von 3,4 Millionen Euro zusammen. Dadurch wurde nicht nur das Spiel mehr als 8x überfinanziert, sondern dies trieb auch viele andere Altentwickler wieder vor dem Ofen hervor um ihr jeweiliges Traumspiel finanziert zu bekommen. Nun ist nur noch die Frage, hat sich das Warten gelohnt?
Broken Age ist in zwei Teile aufgeteilt, die parallel gespielt werden können, aber auch hintereinander, je wie es einen beliebt. Ein Teil spielt auf einem Raumschiff, auf dem der Teenager Shay einsam sein Leben verbringt. Ihm steht nur der Bordcomputer zur Seite, der ihn überbemuttert und immer nur die ewig gleichen Spiele Tag ein, Tag aus bietet. Als Shay dann mal aus Spaß eines der Abenteuer manipuliert, trifft er auf den Wolf Marek, der sich auf dem Schiff versteckt. Dieser überredet ihn dazu richtige Abenteuer zu erleben und gefangende Aliens aus Feindesland zu befreien.
Der andere Teil von Broken Age handelt von der Teenagerin Vella, die etwas handfestere Probleme hat: sie soll an ein Cthulhu-Monster geopfert werden damit ihr Dorf verschont bleibt. Obwohl die Opferung eine große Ehre für Mädchen in ihrem Land ist, will Vella lieber das Vieh umbringen. Daher flieht sie von der Opferung in ein Hilmmelreich. Als sie aber dort ankommt, realisiert sie, dass sie damit ihre ganze Familie in Gefahr gebracht hat und daher macht sie sich fix wieder auf die Suche nach einer geeigneten Waffe für das Monster.
Und nun kommen wir zu der ersten interessanten Designentscheidung, denn das Spiel ist in einem Wachsmalstil gehalten. Das macht es einerseits sehr lieblich anzuschauen, aber auch fragen, wieso dieser doch recht niedrig aufgelöste Grafikstil gewählt wurde. Dadurch wirken die Figuren auch teilweise (nicht immer) wie nicht ins Spiel zu gehören, besonders die Animationen sind zweckmäßig.
Die Musik ist zum Grafikstil passend und dadurch wirken selbst der Angriff eines riesigen Cthulhu-Monster als sehr harmonisch und wenig bedrohlich. Damit ist zumindest dieses Konzept gut aufgegangen. Zumindest aktuell ist das Spiel auch nur in englischer Sprachausgabe vorhanden, aber hier wurden sehr gute Sprecher gewählt. Shay zB wurde gar von Elijah Wood synchronisiert. Deutsche Untertitel sind jedoch auch verfügbar, die auch oft gut übersetzt wurden, so dass auch Sprachwitze im Deutschen funktionieren.
Kommen wir zu den Rätseln... sie sind quasi nicht vorhanden. Die meisten "Rätsel" löst man beim Vorbeigehen, da es nahezu unmöglich ist, etwas zu verpassen, wenn man alles im Spiel anklickt. Somit beschränkt sich das Spiel auf vielleicht 3 oder 4 Rätsel, die einem etwas IQ abverlangen, aber am Ende eher durch die Steuerung erschwert wurden.
Diese ist zwar extrem vereinfacht, es gibt nur die linke Maustaste, aber trotzdem eher bescheiden. Denn was mich persönlich extrem nervt ist, dass das Inventar immer erst extra aufgerufen werden muss und dann auch noch mit gedrückter Maustaste der Gegenstand auf den (nun sind alle potentiellen Interaktionsmöglichkeiten hervorgehoben) ziehen. Wenn man nun mal etwas falsch die Maus positioniert hat und dann die Maustaste loslässt, dann hat man Pech und kann von vorne anfangen. Finde ich auf dem PC eine suboptimale Lösung, ist aber auch Geschmackssache. Was ich dagegen störender finde, ist, dass man einzelne Sätze nicht überspringen kann, man kann nur die ganze Dialogsequenz überspringen. Grade bei langen Gesprächen doch nervig, wieso man die Dialoge auch nicht wiederholen kann (uups, auf Leertaste gedrückt...), weiß wohl auch nur Tim Schafer.
Das hört sich jetzt schlimmer an als es ist. Das Spiel ist wirklich SEHR schön gemacht, nur ist es nicht das Spiel, was ich mir erwartet hatte. Ich hatte nämlich ein Adventure erwartet, dass einen ähnlichen Anarchohumor wie die alten LucasArts Spiele hat und dabei auch schöne, knackige Rätsel - eben das versprochene Old School Adventure. Aber Broken Age ist ein interaktives Spiel für die ganze Familie geworden, denn kinderfreundlicher kann man zB das Verfüttern an ein Monster wohl nicht verwirklichen. Es wäre meiner Meinung nach auch eine Beleidigung für jedes Point and Click Adventure (wie zB aus dem Hause Daedalic), Broken Age im gleichen Zug zu nennen, denn das ist es nicht. Aber ein schönes interaktives Spiel (/Film/Bilderbuch) ist es geworden. Bewaffnet mit einem Tablet empfehle ich es daher jedem Familienvater, der gerne in Erinnerungen schwelgt und seine Kinder langsam an das Genre heranführen will.
Veröffentlich wurde bisher nur Akt 1 von 2. Der zweite Akt hat noch kein Veröffentlichungsdatum, abseits dass es irgendwann dieses Jahr kommt.
Fazit: Schönes Spiel, aber zum Henker "a classic point-and-click adventure" ist es absolut nicht! Trotzdem will ich Akt 2 so schnell wie möglich spielen.
Grafik: 2+
Sound: 1
Spielstory: 1
Bedienung: 3
Rätseldesign: 4
Spielmotivation: 1