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Autor Thema: Der Kultboy Test-Thread  (Gelesen 43174 mal)

kultboy

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #90 am: 27.10.2011, 20:27 »

Beide Tests von Il Bastardo sind nun auf Kultboy.com online! Unbedingt durchlesen, da er sich viel Mühe gegeben hat!  :ballon
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #91 am: 28.10.2011, 10:26 »

 :oben:
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Il bastardo

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #92 am: 28.10.2011, 16:43 »

Nochmal ein dickes Dankeschön an dich, Kulty. Ich fühle mich sehr geehrt, auf diese Weise ein Teil deines Projekts zu werden und dabei auch noch meine Lust am Schreiben zu bedienen. Gern wieder.  :)
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Herr Planetfall

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #93 am: 29.10.2011, 10:29 »

Hmmm...

Du magst nicht zufällig mal in die rote Liste unter "Wunschzettel" auf der Hauptseite gucken?
Da sind ein paar Spiele aufgelistet, zu denen es wohl niemals einen zeitgenössischen Test gegeben hat.
Zumindest nicht auf Deutsch.
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #94 am: 29.10.2011, 22:15 »

Coole Idee.
Die rote Wunschliste schreit geradezu danach, wie die armen Kinder in Afrika nach Essen und Wasser.
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Cassidy ist so heiß wie ein Kübel Eis.
Retro-Nerd spielt Super Hang On mit Helm.
Herr Planetfall ist nicht schwabbelig, perfekt soll er für mich sein.

Il bastardo

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #95 am: 30.10.2011, 17:27 »

Ich hab die Liste mal durchgeschaut aber leider nichts gefunden, was sich gerade in meiner Sammlung befindet - zumindest nicht in dem angegebenen System. Ich kann aber durchaus mal nach dem einen oder anderen Titel Ausschau halten, wenn ich erstmal mit "Sanitarium" fertig bin - das dürfte aber noch etwas dauern, sorry.
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Il bastardo

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #96 am: 27.11.2011, 20:57 »

Den Namen der Hauptfigur habe ich aus Spoilerschutzgründen beige gefärbt - ist in meinen Augen aber absolut undramatisch, wenn man den Namen vorher weiß, da er ohnehin früh enthüllt wird. Wie dem auch sei: Ihr seid hoffentlich reif für die Klapse, denn es geht ins...



Entwickler: Dreamforge   Publisher: ASC Games    Genre: Adventure 

--- Eine essayistische Rezension ---

(GoG-Download, ENG)


Gegen den Strom

Nach einigen sehr fruchtbaren Jahren herrschte anno 1998 Krisenzeit im Adventure-Genre: Der Kritiker-Liebling "Grim Fandango" wurde zum Verkaufsflop und so zum Sinnbild für die damals eintretende Abkehr des Massengeschmacks von dieser Spielegattung. Dennoch bliesen die Rollenspiel-Experten von Dreamforge ("Anvil of Dawn") nochmals zum Großangriff, um die Herzen der Spielerschaft mit "Sanitarium" für sich zu gewinnen. Der Angriff schlug aus kommerzieller Sicht fehl, trotz ordentlicher Kritiken zum Verkaufsstart. Nichtsdestotrotz hat sich über die Jahre eine treue Fangemeinde um dieses Grusel-Adventure geschart, was für uns der Anlass sein soll, bereits zum dritten Mal den Weg des psychologischen Adventures zu beschreiten.


Fragen über Fragen

»I've found the answer!! All those years .. i should've seen it!«

Wie diese Antwort nun lautet, wird zunächst verschwiegen; Denn der Euphorieschub der eingangs noch namenlosen Hauptfigur wird jäh unterbrochen als die Bremsen versagen und das Auto sich über eine steile Klippe manövriert. Doch was wie das frühe Ende erscheint, ist erst der Anfang des Spiels: Es folgt eine Szenerie im dunklen Turm einer Nervenheilanstalt, angefüllt mit zwielichtigen Gestalten, die durchgehend wirres Gerede von sich geben. Schwerverletzt und an Amnesie leidend muss Max Laughton - so der früh enthüllte Name - sich in seiner Umgebung zurechtfinden und die Bruchstücke seiner Identität zusammentragen.
Sanitarium präsentiert sich im Kostüm einer Kabinettsperspektive, wobei sich die Spielfigur vor einem vorgerenderten Hintergrund bewegt - in etwa zu vergleichen mit Biowares "Infinity-Engine". Was u.A. leider als erstes auffällt, ist die ziemlich ungenaue, wenig elegant gelöste Benutzerführung, bei der die Spielfigur mit gehaltener rechter Maustaste anhand von eingeblendeten Richtungspfeilen bewegt werden muss. Dies sorgt für ziemlich unhübsche Bewegungsabläufe und unnötige Hakeleien, die insbesondere bei den geschicklichkeitsbetonten Passagen für Frustmomente sorgen.



Ist diese Hürde erst einmal genommen, erwartet den Spieler dann aber ein Potpourri an stimmungsvollen Mini-Adventures, die ein raffiniertes Spiel mit der Erwartungshaltung des Spielers treiben, da die Trennlinie zwischen Wirklichkeit und Wahnvorstellung gerne mal verwischt wird. Die Episoden sind dabei recht lose miteinander verknüpft, zwischendurch streut das Spiel immer wieder schön gestaltete Flashbacks ein, die ein Bruchstück von Max' Leben und Wirken offenbaren. Nicht immer wird dabei sofort klar, wo der Bezug zum übergeordneten Spielziel liegt, weshalb beim ersten Durchspielen von "Sanitarium" oft Verwirrung vorherrschen wird.


Das andere Ich

Doch nicht nur durch die Flashbacks wird die Identitätssuche zur komplizierten Angelegenheit; Teile von Max' Erinnerungen werden auch in Form von alter Egos wiedergegeben, denen jeweils eine oder mehrere Episoden gewidmet sind. Der Spieler kann dabei folgende Rollen einnehmen:
  • Max Laughton: Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Max erwacht ohne Erinnerungsvermögen in einer Irrenanstalt und scheint der Patient eines gewissen Dr. Morgan zu sein. Sein Ziel ist es herauszufinden, wer er ist und was sich hinter all den Tagträumen verbirgt, die ihn immerzu heimsuchen. Die meisten Episoden sind ihm gewidmet.
  • Sarah: Die Schwester der Hauptfigur. Sarah ist ein achtjähriges, munteres und freundliches Mädchen mit ausgeprägtem Spieltrieb. Ihr Abenteuer findet vor der Kulisse eines verwunschenen Zirkus auf einem überfluteten Eiland statt.
  • Grimwall: Grimwall ist der Protagonist einer surrealen Comic-Reihe, die die Hauptfigur als kleiner Junge las. Er ist ein knurriger, vierarmiger Zyklop, der in tiefer Feindschaft zu einer insektoiden Lebensform steht. Neben der Bekämpfung ihrer Kolonie muss er einen Verräter ausschalten.
  • Olmec: Ein unfreundlicher, aztekischer Gotteskrieger. Er wurde herbeigerufen, um den bösartigen Gott Quetzalcoatl unschädlich machen, der ein Dorf mit seinen Bewohnern tyrannisiert.
Diese Figurenkonstellation als "ungewöhnlich" zu beschreiben, wäre eine deutliche Untertreibung - und das ist für das Spiel zugleich Segen und Fluch: Einerseits wird so die Möglichkeit geschaffen, in die Rollen von unverbrauchten Spielfiguren zu schlüpfen, andererseits ist die Identifikation mit ihnen oft nicht einfach. Der Bezug zur Rahmenhandlung ist ebenfalls schwer herzustellen, der oft geäußerte Kritikpunkt, dass manche Episoden rein gar nichts mit der Handlung zu tun hätten, stimmt so allerdings nicht: Vielmehr ist der Spielinhalt - ähnlich wie bei "DreamWeb" - als Zerrbild der Realitätswahrnehmung der Hauptfigur zu sehen, in der Erinnerung und verborgene Wünsche unkontrolliert zusammenfließen und sich in bizzarren Traumwelten offenbaren.



Diese beziehen sich zum Großteil auf die Hauptfigur, doch auch der Wandel des Antagonisten Dr. Morgan vom ambitionierten Forscher zum Mengele wird in einigen Details angedeutet; So zum Beispiel durch die Gräuel des Verräters Gromna (Anagramm für "Morgan") im Grimwall-Kapitel und den zunächst verehrten, dann verhassten Gott Quetzalcoatl (der Morgans Gesicht trägt) in der Olmec-Episode. Tatsächlich sind die Szenerien angefüllt mit Motiven und Allegorien, die bei näherem Hinsehen durchaus schlüssig werden: Wiederholt auftretende Motive sind beispielsweise eine auftretende, tödliche Krankheit, die Erlösung in Gestalt von Engeln und der Verlust der Kindheit.


Der rote Faden

Die Mini-Adventures sind visuell und akustisch teils sehr stimmungsvoll inszeniert, jedoch steht diese episodische Einteilung vor dem Problem, ein homogenes Gesamtbild zu erzeugen. Bei der Vielzahl an verschachtelten Handlungssträngen erweist sich dies für "Sanitarium" als regelrechte Herkules-Aufgabe, die nicht wirklich befriedigend gelöst wird - dazu unterscheiden sich die Kapitel stilistisch zu stark voneinander. Insbesondere die schwächelnde Episode im Azteken-Setting hängt doch arg in der Luft und reißt ein Loch in den Spannungsaufbau. Eine durchgehende Konstante, wie man sie beispielsweise in Form des Supercomputers AM in "I have no mouth, and i must scream" sieht, hätte dem Ganzen etwas mehr Stringenz verleihen können; So herrscht allerdings ein etwas fragmentarischer Charakter vor.



Doch Glanzlichter gibt es immer wieder: Insbesondere das Kapitel im Dorf der verlassenen Kinder, das merklich an "Kinder des Zorns" angelehnt ist, sticht positiv hervor und bietet subtile Gruselstimmung vom Feinsten. Daneben gibt es noch einen sehr feinfühlig in Szene gesetzten Spielabschnitt, in dem die kleine Sarah ihr Elternhaus erforscht und dabei wortwörtlich auf die Schatten der Vergangenheit stößt. Gleiches gilt für die Filmschnipsel, deren Güte von leicht trashig bis hin zu Spielfilmniveau reicht.


See you in hell, freak!

Sanitarium lässt ein regelrechtes Trommelfeuer an Ideen auf den Spieler niedergehen, schafft es dabei jedoch nicht ganz, das Maximale aus seiner beachtlichen kreativen Leistung herauszuholen und so zum Top-Titel zu avancieren. Dies liegt nicht zwangsläufig an der episodischen Handlungsstruktur oder dem komplexen Verwirrspiel, das ein zweites Durchspielen quasi erforderlich macht. Vielmehr ist der dramatische Aufbau der Kapitel ziemlich unglücklich gewählt: Die spannendsten und wirkungsvollsten Kapitel werden schon zu Beginn verbraucht, die späteren können das Spannungsniveau dann jedoch nicht mehr halten. Auch die Endauflösung befriedigt nicht wirklich, wertet sogar das zuvor Gezeigte eher ab.
Das Puzzledesign erntete oft kritik ob seiner Simplizität; Und in der Tat ist Sanitarium nicht gerade ein puzzletechnisches Komplexitäts-Schwergewicht: Die Lösungen sind meist offensichtlich, Stockungen im Spielfluss entstehen hauptsächlich durch übersehene Gegenstände. Auch dies ist Segen und Fluch zugleich: Wer für Adventures nur wenig Geduld mitbringt, erhält auch hier eine echte Chance, das Spiel ohne den Griff zur Komplettlösung zu lösen. Geübte Abenteurer dürften sich allerdings eher unterfordert fühlen.
Trotz der Kritik bleibt Sanitarium ein beachtliches, fast schon expressionistisches Werk, bei dem sich das Puzzle nicht nur im Lösen von Problemsituationen im Spiel erschöpft, sondern sich auch auf das Enträtseln der Handlung erstreckt. Die verschachtelte Erzählstruktur wird zweifelsohne von Vielen als sperrig empfunden werden, und der dramaturgische Aufbau erscheint etwas unausgegoren. Wer sich jedoch für subtilen Grusel und komplexe Verwirrspiele á la David Lynch erwärmen kann, der sollte sich von der Puzzleschwäche nicht abschrecken lassen und einen Gang ins Sanatorium wagen.

(7/10 Punkte)

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #97 am: 27.11.2011, 21:18 »

Das hatte ich mal angefangen,bin aber an einer Stelle dann nicht weitergekommen.
Sehr interessantes Setting,nur kam die Rendergrafik etwas steril rüber.
Außerdem war die Eindeutschung nicht gerade die beste.
Kann mich noch erinnern,daß an einer Stelle "Peg-Leg" mit "Schweinbein" übersetzt wurde.
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #98 am: 28.11.2011, 13:32 »

 :oben: ...wieder mal ein toller Test von Il Bastardo! Könnte ich ein ganzes Buch von lesen!

Vor allem, weil diese Spielvorstellung für mich neu ist! Sanitarium habe leider nie gespielt, obwohl ich skurrile Adventures sehr mag!

Auch diesen Test würde ich als Artikel für die neue Kultboy.com Zeitschrift vorschlagen, wenn Il Bastardo nichts dagegen hat. Was meinen die anderen?

Irgendwie erinnert mich diese Rezension an die Artikel aus der Retro! Erfrischend anders als normale Tests a la, "bei diesem Spiel kann man dies & jenes machen".


Was kommt als nächstes?  :hihi:


Kann mich noch erinnern,daß an einer Stelle "Peg-Leg" mit "Schweinbein" übersetzt wurde.

Und was bedeuted "Peg-Leg" nun sinngemäß?
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #99 am: 24.04.2012, 19:03 »

Den Namen der Hauptfigur habe ich aus Spoilerschutzgründen beige gefärbt - ist in meinen Augen aber absolut undramatisch, wenn man den Namen vorher weiß, da er ohnehin früh enthüllt wird. Wie dem auch sei: Ihr seid hoffentlich reif für die Klapse, denn es geht ins...



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--- Eine essayistische Rezension ---

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Nach einigen sehr fruchtbaren Jahren herrschte anno 1998 Krisenzeit im Adventure-Genre: Der Kritiker-Liebling "Grim Fandango" wurde zum Verkaufsflop und so zum Sinnbild für die damals eintretende Abkehr des Massengeschmacks von dieser Spielegattung. Dennoch bliesen die Rollenspiel-Experten von Dreamforge ("Anvil of Dawn") nochmals zum Großangriff, um die Herzen der Spielerschaft mit "Sanitarium" für sich zu gewinnen. Der Angriff schlug aus kommerzieller Sicht fehl, trotz ordentlicher Kritiken zum Verkaufsstart. Nichtsdestotrotz hat sich über die Jahre eine treue Fangemeinde um dieses Grusel-Adventure geschart, was für uns der Anlass sein soll, bereits zum dritten Mal den Weg des psychologischen Adventures zu beschreiten.


Fragen über Fragen

»I've found the answer!! All those years .. i should've seen it!«

Wie diese Antwort nun lautet, wird zunächst verschwiegen; Denn der Euphorieschub der eingangs noch namenlosen Hauptfigur wird jäh unterbrochen als die Bremsen versagen und das Auto sich über eine steile Klippe manövriert. Doch was wie das frühe Ende erscheint, ist erst der Anfang des Spiels: Es folgt eine Szenerie im dunklen Turm einer Nervenheilanstalt, angefüllt mit zwielichtigen Gestalten, die durchgehend wirres Gerede von sich geben. Schwerverletzt und an Amnesie leidend muss Max Laughton - so der früh enthüllte Name - sich in seiner Umgebung zurechtfinden und die Bruchstücke seiner Identität zusammentragen.
Sanitarium präsentiert sich im Kostüm einer Kabinettsperspektive, wobei sich die Spielfigur vor einem vorgerenderten Hintergrund bewegt - in etwa zu vergleichen mit Biowares "Infinity-Engine". Was u.A. leider als erstes auffällt, ist die ziemlich ungenaue, wenig elegant gelöste Benutzerführung, bei der die Spielfigur mit gehaltener rechter Maustaste anhand von eingeblendeten Richtungspfeilen bewegt werden muss. Dies sorgt für ziemlich unhübsche Bewegungsabläufe und unnötige Hakeleien, die insbesondere bei den geschicklichkeitsbetonten Passagen für Frustmomente sorgen.



Ist diese Hürde erst einmal genommen, erwartet den Spieler dann aber ein Potpourri an stimmungsvollen Mini-Adventures, die ein raffiniertes Spiel mit der Erwartungshaltung des Spielers treiben, da die Trennlinie zwischen Wirklichkeit und Wahnvorstellung gerne mal verwischt wird. Die Episoden sind dabei recht lose miteinander verknüpft, zwischendurch streut das Spiel immer wieder schön gestaltete Flashbacks ein, die ein Bruchstück von Max' Leben und Wirken offenbaren. Nicht immer wird dabei sofort klar, wo der Bezug zum übergeordneten Spielziel liegt, weshalb beim ersten Durchspielen von "Sanitarium" oft Verwirrung vorherrschen wird.


Das andere Ich

Doch nicht nur durch die Flashbacks wird die Identitätssuche zur komplizierten Angelegenheit; Teile von Max' Erinnerungen werden auch in Form von alter Egos wiedergegeben, denen jeweils eine oder mehrere Episoden gewidmet sind. Der Spieler kann dabei folgende Rollen einnehmen:
  • Max Laughton: Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Max erwacht ohne Erinnerungsvermögen in einer Irrenanstalt und scheint der Patient eines gewissen Dr. Morgan zu sein. Sein Ziel ist es herauszufinden, wer er ist und was sich hinter all den Tagträumen verbirgt, die ihn immerzu heimsuchen. Die meisten Episoden sind ihm gewidmet.
  • Sarah: Die Schwester der Hauptfigur. Sarah ist ein achtjähriges, munteres und freundliches Mädchen mit ausgeprägtem Spieltrieb. Ihr Abenteuer findet vor der Kulisse eines verwunschenen Zirkus auf einem überfluteten Eiland statt.
  • Grimwall: Grimwall ist der Protagonist einer surrealen Comic-Reihe, die die Hauptfigur als kleiner Junge las. Er ist ein knurriger, vierarmiger Zyklop, der in tiefer Feindschaft zu einer insektoiden Lebensform steht. Neben der Bekämpfung ihrer Kolonie muss er einen Verräter ausschalten.
  • Olmec: Ein unfreundlicher, aztekischer Gotteskrieger. Er wurde herbeigerufen, um den bösartigen Gott Quetzalcoatl unschädlich machen, der ein Dorf mit seinen Bewohnern tyrannisiert.
Diese Figurenkonstellation als "ungewöhnlich" zu beschreiben, wäre eine deutliche Untertreibung - und das ist für das Spiel zugleich Segen und Fluch: Einerseits wird so die Möglichkeit geschaffen, in die Rollen von unverbrauchten Spielfiguren zu schlüpfen, andererseits ist die Identifikation mit ihnen oft nicht einfach. Der Bezug zur Rahmenhandlung ist ebenfalls schwer herzustellen, der oft geäußerte Kritikpunkt, dass manche Episoden rein gar nichts mit der Handlung zu tun hätten, stimmt so allerdings nicht: Vielmehr ist der Spielinhalt - ähnlich wie bei "DreamWeb" - als Zerrbild der Realitätswahrnehmung der Hauptfigur zu sehen, in der Erinnerung und verborgene Wünsche unkontrolliert zusammenfließen und sich in bizzarren Traumwelten offenbaren.



Diese beziehen sich zum Großteil auf die Hauptfigur, doch auch der Wandel des Antagonisten Dr. Morgan vom ambitionierten Forscher zum Mengele wird in einigen Details angedeutet; So zum Beispiel durch die Gräuel des Verräters Gromna (Anagramm für "Morgan") im Grimwall-Kapitel und den zunächst verehrten, dann verhassten Gott Quetzalcoatl (der Morgans Gesicht trägt) in der Olmec-Episode. Tatsächlich sind die Szenerien angefüllt mit Motiven und Allegorien, die bei näherem Hinsehen durchaus schlüssig werden: Wiederholt auftretende Motive sind beispielsweise eine auftretende, tödliche Krankheit, die Erlösung in Gestalt von Engeln und der Verlust der Kindheit.


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Die Mini-Adventures sind visuell und akustisch teils sehr stimmungsvoll inszeniert, jedoch steht diese episodische Einteilung vor dem Problem, ein homogenes Gesamtbild zu erzeugen. Bei der Vielzahl an verschachtelten Handlungssträngen erweist sich dies für "Sanitarium" als regelrechte Herkules-Aufgabe, die nicht wirklich befriedigend gelöst wird - dazu unterscheiden sich die Kapitel stilistisch zu stark voneinander. Insbesondere die schwächelnde Episode im Azteken-Setting hängt doch arg in der Luft und reißt ein Loch in den Spannungsaufbau. Eine durchgehende Konstante, wie man sie beispielsweise in Form des Supercomputers AM in "I have no mouth, and i must scream" sieht, hätte dem Ganzen etwas mehr Stringenz verleihen können; So herrscht allerdings ein etwas fragmentarischer Charakter vor.



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Das Puzzledesign erntete oft kritik ob seiner Simplizität; Und in der Tat ist Sanitarium nicht gerade ein puzzletechnisches Komplexitäts-Schwergewicht: Die Lösungen sind meist offensichtlich, Stockungen im Spielfluss entstehen hauptsächlich durch übersehene Gegenstände. Auch dies ist Segen und Fluch zugleich: Wer für Adventures nur wenig Geduld mitbringt, erhält auch hier eine echte Chance, das Spiel ohne den Griff zur Komplettlösung zu lösen. Geübte Abenteurer dürften sich allerdings eher unterfordert fühlen.
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Ich wollte nochmal an Il Bastardos gelungenen Essay erinnern und fragen, ob wir diesen Test noch in das neue Kultboy.com Magazin bringen können???

@Il Bastardo

Schreibst Du mal wieder was?


Edit: Dieser Bericht hier hat mich dazu bewogen, das Spiel bei Ebay zu ergattern! ...für 2,05 EUR!
« Letzte Änderung: 24.04.2012, 19:07 von Commodus »
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #100 am: 24.04.2012, 20:52 »

Dafürb brauchst du doch nicht gleich den ganzen Test zitieren. :rolleyes:
« Letzte Änderung: 24.04.2012, 21:33 von Retrofrank »
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #101 am: 24.04.2012, 20:53 »

Nachdem Il bastardo die Tests fürs Heft extra umgestaltet hat, dachte ich mir eigentlich das er dies auch hier tut. Mal abwarten.
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Il bastardo

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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #102 am: 07.06.2012, 15:02 »

Huch! :angst:

Ich wusste ja gar nicht, dass es diesbezüglich noch Nachfrage gibt. Wenn das so ist, mache ich gern noch eine PDF-Fassung von dem Bericht. Große Änderungen sollten aber nicht erwartet werden - bei mir hat sich leider eine anhaltende Schreibblockade eingeschlichen.
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #103 am: 07.06.2012, 15:39 »

Du machst das sehr professionell.
Ich denke mal ich spreche für uns alle,wenn ich sage daß uns neues Material von dir immer willkommen ist.
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Re: Der Kultboy Test-Thread
« Antwort #104 am: 07.06.2012, 20:10 »

Sehe ich auch so!  :ballon
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