Tut sie das? Ist länger her, dass ich den Film gesehen habe. Tatsache ist aber, dass sich Zwölfjährige - und auch freiwillig - entjungfern lassen. Dass hierfür ein alter Knacker die erste Wahl sein soll, ist natürlich erstmal eher abwegig. Stellt man sich aber ein Mädchen (sexuelle Reife vorausgesetzt, versteht sich) mit einer derart verkorksten Kindheit, wie in den ersten Minuten des Films angedeutet, vor, bedenkt die Hilflosigkeit, die Angst vor der Einsamkeit, den Schock durch den Tod der gesamten Familie, dann rückt dies doch durchaus in den Bereich des Möglichen, finde ich. Wenn ein 82-jähriger Geldsack eine 18-jährige fickt, dann gähnen die einen müde, die anderen kichern sich einen, ob des greisen Lustmolchs. Empört ist aber niemand, es ist ja schließlich nicht ungesetzlich. Und so etwas kommt ständig vor! Ein solches Mädchen, gerade mal sechs Jahre älter als die Mathilda im Film, muss doch an einem kompletten Dachschaden und Vaterkomplex leiden - und der muss sich auch irgend wann entwickelt haben, so etwas kommt schließlich nicht erst mit dem erreichen des 18. Lebensjahres. Insofern erscheint mir das nicht unglaubwürdig.
Auch ist die Figur des Léon in dieser Hinsicht völlig ambivalent: Einerseits ist er ein skrupelloser Auftragsmörder, andererseits wirkt er außerhalb seiner "Arbeit" nicht nur verschroben und einsam, sondern selbst teilweise noch völlig kindlich, unreif. Das macht die Art der Beziehung, die sich zwischen den beiden entwickelt schon einleuchtend, wie ich finde. Da diese trotz allem unnatürlich und falsch ist, fühlt man sich als Zuschauer eben unwohl. Und letzten Endes lehnt Léon doch auch alle Anbandlungsversuche ab?
Ich glaube daran, dass die sexuellen Avancen des Mädchens der Entwicklung der Charaktere dienen sollen, nicht, um männliche Zuschauer jenseits der Midlife Crisis aufzugeilen. Dass es trotzdem einige taten, davon bin ich überzeugt, das nimmt Besson zumindest billigend in Kauf. Aber das tut doch auch jeder Regisseur, der beispielsweise eine Gewaltorgie dreht und sich sicher sein kann, dass der ein oder andere seiner Zuschauer ein perverser Sadist ist, der sich am dargestellten Leid der Opfer erregt!