Also nun:
Gemessen an dem, was sonst so - und insbesondere in diesen bereits sehr schweren Zeiten - für den AMIGA erschien, war THE CHAOS ENGINE 2 keineswegs das grottenschlechteste aller Spiele.
Trotz allem war es eine der größten Spiele-Enttäuschungen überhaupt. Nachdem wirklich wegweisenden, unendlich spielbaren ersten Teil lange herbei gesehnt, war es eben jene Veröffentlichung der Bitmap Brothers, eine der letzten Spieleschmieden alter Schule, die anno 1996 noch am AMIGA festhielten, auf die man als Amiganer hoffte, das Spiel, welches man den Besitzern der anderen Systeme unter die Nase reiben wollte, der veremintliche Knaller des Jahres, der zuerst für das eigene, kränkelnde System entwickelt worden war.
Und dann das: Mit dem Einsetzen der herrlich schrägen Titelmelodie noch voller Erwartung, fragte man sich schon beim Anblick des unvermittelt eingeblendeten Auswahlbildschirms, ob man versehentlich eine Demoversion spiele. Kein Intro weit und breit, keine neuen Charaktere in Sicht, mehr noch, gegenüber dem Vorgänger fehlten zwei!
Auch sonst fühlte man sich eher an Elementen beraubt denn bereichert. Zumeist schien man es sich seitens der Entwickler einfach gemacht zu haben. Die verwendeten Schriftzüge, Grafikelemente, Sprach-Samples, Geräuscheffekte, Sprites kamen einem nur allzu bekannt vor und wirkten teilweise, als habe man sie unverändert übernommen.
Negativ am augenfälligsten war sicherlich die Optik, die den Eindruck erweckte, als sei sie einer mißglückten Konvertierung auf ein 8-Bit-Betriebssystem zum Opfer gefallen und die grün-lilalen oder blau-orangenen Farbkominationen sahen mehr nach Grafikfehler, denn nach visuellem Knüller aus!
Wo waren also die Verbesserungen? Hatte man sich beim Programmieren so sehr der Spielbarkeit gewidmet, dass man die äußeren Werte schlichtweg aus den Augen verloren hatte? Leider fehlte auch dem Leveldesign die Genialität des Vorgängers und die einzige echte Neuerung, der Spilt-Screen-Modus, erwies sich recht bald eher als Fluch, denn als Segen, ließ sich das Spiel doch ausschließlich in eben dieser Variante zocken, egal, ob die zweite Figur nun vom Computer oder einem menschlichen Mitspieler gesteuert wurde!
So stellte man recht bald enttäuscht fest, dass die Bitmap Brothers, die Helden alter AMIGA-Tage hier ganz offensichtlich in kürzester Zeit ein Machwerk zusammen geschustert hatten, mit welchem sie weit hinter ihren Möglichkeiten und ihrem tatsächlichen Können zurück geblieben waren. 4 Jahre später, was im Computerzeitalter eine ganze Ära bedeutet, und dann gerade von diesen Genies der Spielbranche, hätte einfach mehr kommen müssen, eine echte Granate eben.
Ob den Bitmap Brüdern aus England Zeit, Geld, Lust oder alle drei Dinge ausgegangen waren, wird man wohl nie so recht erfahren. Jedenfalls fühlte ich mich damals extrem betrogen, zumal gerade die Truppe um Eric Matthews dafür bekannt war, mit den Folgetiteln echte Kracher abzuliefern, die das Urspiel schnell vergessen machten: So überflügelten Speedball 2 und Xenon 2 die jeweils ersten Teile um Lichtjahre und schufen beide einen Spielekult sondergleichen, dass man beim ohnehin schon bombastischen Chaos Engine von 1992 kaum zu träumen wagte, was da noch alles kommen könnte.
Dass es nicht mehr als ein liebloser Abklatsch des ersten Teils blieb, der einer kurz nach dem ersten Teil veröffentlichten Datendiskette vielleicht gerade noch würdig gewesen wäre, konnten auch die weitestgehend positiven Bewertungen in den Spielemagazinen nicht hinweg täuschen.
Für mich war das der Abgesang auf den AMIGA und, wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, auch die letzte Neuveröffentlichung, die ich mir noch kaufte.