"MISTER EURO" Wim Duisenberg ist totDer ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Wim Duisenberg, ist in einer Villa im südfranzösischen Faucon tot aufgefunden worden, teilte die Polizei mit. Mit dem Notenbanker wird vor allem die Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung in Verbindung gebracht.Avignon - Der 70-jährige erste Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) sei leblos im Schwimmbad des Hauses gefunden worden, erklärte die Polizei in Faucon. Wiederbelebungsversuche seien erfolglos gewesen, hieß es.Der französische Rundfunk berichtete unter Berufung auf Rettungskräfte, ein Sturz oder ein Schwächeanfall könnten die Todesursache sein. Duisenberg sei vermutlich bereits mehrere Stunden tot gewesen, als er gefunden wurde. Die Villa liegt etwas abseits der kleinen Ortschaft Faucon mit etwa 400 Einwohnern.Der am 9. Juli in Heerenveen geborene Niederländer hatte die Europäische Zentralbank (EZB) von Mai 1998 bis Herbst 2003 geleitet. Während seiner Amtszeit wurde der Euro eingeführt, was Duisenberg den Beinamen "Mr. Euro" einbrachte.Nachdem Duisenberg in den sechziger Jahren beim Internationalen Währungsfonds (IWF) gearbeitet hatte, übernahm er zwischen 1973 und 1977 in der damaligen niederländischen Linksregierung das Amt des Finanzministers. Von seiner ursprünglichen Überzeugung, der Staat müsse mit starken öffentlichen Investitionen das Wirtschaftswachstum ankurbeln, rückte er mit fortschreitendem Alter ab und setzte sich für eine sparsame Haushaltspolitik ein.Ab 1982 leitete Duisenberg 15 Jahre lang die niederländische Zentralbank. Als Euro-Währungshüter hat der der Geldexperte, der 2003 im Alter von 68 Jahren den Posten an den französischen Nationalbanker Jean-Claude Trichet abgab, in seiner Amtszeit einige Kritik einstecken müssen. Vor allem im Nicht-Euro-Land Großbritannien war der Banker nicht wohl gelitten.Briten nannten Duisenberg "Euro Dead""Euro Dead" titelte etwa das Boulevard-Blatt "Sun" Anfang 2000 und garnierte einen Artikel mit einem Foto Duisenbergs, das ihn mit weit aufgerissenen Augen und gefletschten Zähne zeigte. "Dim Wim", was so viel bedeutet wie "einfältiger Wim", nannte die Zeitung den international profilierten Währungsfachmann.Ein Interview mit einer angelsächsischen Zeitung machte ihm im Oktober 2000 dann auch schwer zu schaffen: Gegenüber der Londoner "Times" hatte er eine Intervention für den Fall ausgeschlossen, dass der Euro wegen der damaligen Krise im Nahen Osten erneut unter starken Druck geraten sollte. Unmittelbar danach ging der die Währung auf Talfahrt und notierte zeitweise bei 0,82 Dollar. Duisenberg musste sich dafür manche Schelte aus den Staaten des Euro-Raums anhören. Der frühere französische Präsident Valéry Giscard d'Estaing bezeichnete ihn einmal frank und frei als "Fehlbesetzung".Seit dem reibungslosen Euro-Start wurden die Stimmen der Kritiker deutlich leiser. Sogar Lob konnte Duisenberg im September 2001 einheimsen, als er nach den Terroranschlägen in den USA mit allen anderen wichtigen Notenbanken der Welt an einem Strang zog und sich der EZB-Rat zu einer deutlichen Zinssenkung durchrang.Gerangel um die EZB-SpitzeIn Bankerkreisen stand der Name Duisenberg für Stabilität. "Geld ist mein Fach", kommentierte er vor Jahren den Inhalt seines beruflichen Lebens. Was mit der EZB-Präsidentschaft auf ihn zukommen würde, zeigte sich schon vor der Besetzung des Postens: Kurz vor dem Start der EZB setzte ein Gerangel um die Spitzenposition ein, das mit einem Deal beendet wurde: Danach konnte Duisenberg nach vier Jahren von seinem Posten abgelöst werden. Dementsprechend entbrannte 2001 die Diskussion um die Nachfolge.Vor allem Frankreich, das mit Trichet nächsten Präsidenten stellen wollte, drängte immer wieder darauf, dass Duisenberg nach der Hälfte der Amtszeit seinen Posten abgibt. Ein Jahr länger wurde es dann. Duisenberg selbst kommentierte sein Dienstende in der Frankfurter EZB mit den Worten: "Ich möchte sagen, es reicht dann."Als Duisenberg einmal gefragt wurde, welche Spur er in der Geschichte hinterlassen wolle, antwortete er in dem ihm eigenen jovialen Ton: "Die Leute werden in den kommenden zehn Jahren meine Unterschrift auf ihren Geldscheinen bewundern können."Duisenberg war in zweiter Ehe verheiratet. Aus erster Ehe stammen zwei Söhne und eine Tochter.