Wie angekündigt - die große Dokusause: (bei ernsteren Themen werde ich einfach den Informationsgehalt bewerten)
Das älteste Gewerbe: Uii, eine Doku über Huren und dazu noch davor eine FSK 18 Warnung, wenn das mal nix wird! Wirds auch nicht! Was eine schwere Enttäuschung und das bei 90 Minuten Laufzeit. Denn anstatt auf die Probleme (nennen wir sie mal Ost- bzw. Südimporte, Luden, Geschlechtskrankheiten usw.) zu reden, wirkt die Doku eher wie eine Homestory von Emma. So wird viel lieber auf die Erfolgsgeschichten von Prostituierten eingegangen wie die einer aus Berlin, die inzwischen ein eigenes Bordell (Anbahnungsstätte) hat oder einer Edelhure aus Venedig. Dazu gibts einen recht kurzen Abriss der Geschichte dieses Gewerbes, wobei aber auch hier nicht auf z.B. die Macht der Mätressen (Stichwort Madame de Pompadour) eingegangen wird. 2 von 10 Bordsteinschwalben!
Das Ministerium für Staatssicherheit: Der MfS wird umfangreich aufgearbeitet, dabei wird die Doku grob in die jeweiligen Arbeitsphasen des MfS untergliedert. Aufgelockert wird dies durch (scheinbar) Originalmaterial aus den Archiven und Interviews von höheren MfS-Beamten. Diese reden auch frei von der Leber weg (teilweise noch immer überzeugt von ihrer Arbeit). Einziger Wermutstropfen ist, dass es keine Interviews von ehemaligen Häftlingen gibt, die ungeschönt von der anderen Seite erzählen. So bleibt die Doku aber auch stets neutral und wertfrei. Informationsgehalt: 9 von 10.
Denn sie kennen kein Erbarmen: Eine Doku über die Geschichte des Italowestern. Relativ komplett, von der Geburt aus der Krise zum Welterfolg der harten Western bis zum Ende mit den spaßigen Westernkomödien. Natürlich kann man aber in 90 Minuten auch nicht alles behandeln, weswegen sich nur auf die großen Erfolge des Italowestern konzentriert wird. 8 von 10 Bohnenpfanne.
Der entsorgte Vater: Diese Doku handelt von Männern, die sich von der Mutter ihrer Kinder getrennt haben und damit auch jeglichen Kontakt zu den Kindern verloren haben. Da werden sehr extreme Fälle beschrieben, aber auch wenn man niemanden solch einen Kontaktverlust wünscht, wird nur einseitig berichtigt. Wer weiß, vielleicht sind einige der Fälle halt doch nicht so einfach wie beschrieben. Aber auch wenn doch, hätte man auch die zahlreichen Ärsche von Vätern zumindest im Abschlusstext erwähnen sollen, die ihre Frau mit den Kindern einfach im Regen stehen lassen. Informationsgehalt: 6 von 10.
Der Rest ist Österreich: In dieser Doku wird der Vertrag von St. Germain behandelt, der das Ende des k.u.k. Österreich beschloss. Grade in Deutschland wird der Vertrag gerne im Geschichtsunterricht komplett ignoriert. [Ich hatte nichtmal auf mehrmaliges Ansprechen auf die Thematik "Was war eigentlich mit den Ösis" je ne Antwort erhalten, mal ganz davon abgesehen, dass ich während meiner Schulzeit dachte, dass Österreich immer schon nur ein deutscher Wurmfortsatz war] Trotz des interessanten Ansatzes nutzt die Doku aber viel zu wenig und verliert sich lieber in endlosen Theaternachstellungen. Leider blieb der Informationsgehalt so auf der Strecke liegen: 4 von 10.
Deutsche Dynastien: Eine Dokuserie über *Überraschung* Dynastien aus Deutschland. Die ersten beiden Teile behandelten die Oetkers und die Thyssens. Diese waren wirklich äußerst informativ und gaben einen guten Überblick über die Familien und der Unternehmen, die deren Urahnen gegründet hatten. Doch dann kam Teil 3 über die Guttenbergs... Hier merkt man sofort, dass man nur mal schnell eine Doku über den aktuellen Kronprinzen machen wollte und das in das Dynastienformat pressen wollte. Denn anstatt sich ordentlich mit den Vorfahren zu beschäftigen, gehts mit Vollgas in die frühe Vergangenheit und die Kindheit von Klein Theo. Da die Ahnen so schnell abgehandelt werden, bleibt sogar Zeit den Försterbruder von Herrn Minister ausführlich (sprich 100x ausführlicher als zB die Verwandtschaft, die von den Nazis verfolgt wurde) vorzustellen. Für Teil 1 und 2 ist der Informationsgehalt 8,5 von 10, Teil 3 erhält den Bunte-Sonderpreis mit allerdings nur 4 von 10 Klatschpressen.
Marie Antoinette: Im selben Jahr wie der gleichnamige Film von Sofia Coppola erschien auch diese ausführliche Doku über das Leben von Marie Antoinette. Während der Film nur am Anfang wirklich stark ist, versucht diese Doku das Leben wirklich möglichst genau aufzubereiten. Besonders interessant ist die Revolutionszeit, die natürlich auch recht ausführlich beschrieben wird und auch ergreifend wie stark Marie Antoinette noch an ihrem Ende war. Mein Bild von ihr hat sich durch diese Doku doch stark verändert. Informationsgehalt: 8 von 10.
Monsterland: Diese Dokumentation beschreibt die Faszination und Geschichte des Horrorfilmgenres. Dabei kommen auch Urgesteine wie John Carpenter und Joe Dante ausführlich zu Wort. Neben der westlichen Welt wird aber auch ausführlich über die japanischen Gummimonsterfilme berichtet (bis hinunter zu einem Godzillaanzugträger, der zeigt, wie man so in einem Kostüm rumläuft). Allerdings wird auch lange nicht alles behandelt, so beginnt bei dem Film die Zeitrechnung erst mit King Kong und nicht bereits mit Frankenstein und Dracula/Nosferatu. Auch die Entwicklung des Horrorgenres in den 80ern wird nur angerissen, wenn man mal von der Entwicklung der Schockeffekte absieht. Die modernen Horrorserien werden immerhin erwähnt und in den Kontext mit 11.9 gebracht, aber auch viel zu wenig behandelt. Besonders die Entwicklung des Japano-Horrorkinos bleibt nahezu komplett unerwähnt, dabei ist ja grade das bei vielen Genreliebhabern extrem hoch im Kurs. Trotzdem ist der Informationsgehalt 7 von 10.
Nichts Menschliches sei uns fremd - Die Toilette: Eine Doku über die Toilette, kann spannend sein - allein die Entwicklung vom Plumpsklo
zu unserem heutigen Thron oder das Gegenprodukt von
Hockklo. Aber leider enttäuscht diese Doku durch und durch. Vieles wird nur angerissen und die Macher halten sich lieber mit total sinnlosen auf (
japanische Superklo). Selbst als die Macher in Indien öffentliche Toiletten zeigen, wird nichtmal darauf eingegangen, dass die Asiaten z.B. eher mit Wasser ihr Gemächt säubern als wie wir hier mit Papier. 2 von 10 Flushs.
Nordkorea - Einblicke in ein verschlossenes Land: Eine recht aufschlussreiche deutsche Dokumentation, die Nordkorea zeigt. Schon krass wie die Menschen dort bestenfalls wie hier (oder der DDR) in den 60ern leben. Keinerlei Technik zu sehen, aber immerhin schon erste Ansätze von freier Marktwirtschaft. Wenn man bedenkt, dass die meisten Bilder extra für die Kamera inszeniert wurden, wirklich erschreckend. (und im krassen Kontrast zum technikverliebten Süden) Immerhin konnten auch relativ freie O-Töne von einem Nordkoreaner, der in der DDR studiert hatte, eingefangen werden. Sehr interessante Einblicke in ein Land vor unserer Zeit. Informationsgehalt 7 von 10.
Philippe Petain: Eine Doku über Frankreichs Führer während des 2. Weltkrieges. Seine Karriere beim Militär (ohne 1. Weltkrieg wäre er gnadenlos verrentet worden) wird gut aufbereitet und wie er schließlich zum Star der Franzosen während der 30er wurde - in einer Umfrage 34 war er der Favorit der Franzosen auf einen möglichen Diktatorposten. Schließlich rutscht er die Karriereleiter immer weiter hoch bis er ganz nach oben gespühlt wurde nach der französischen Kapitulation. Und dann folgen seine Jahre als Diktator zu Hitlers Gnaden. Seine Politik wird dabei auch recht ausführlich auseinander genommen. Trotzdem ist das ganze alles etwas trocken. Informationsgehalt: 7 von 10.
Rock Hudson - Schöner, fremder Mann: Biographie über Rock Hudson. Eigentlich sehr informativ, aber für meinen Geschmack ist der Fokus zu sehr auf seine Homosexualität gelegt. Natürlich ist das ein wichtiger Aspekt in seinem Leben, besonders da er als erster Hollywoodstar an AIDS starb, aber es kommt mir so vor, als ob 75% der Doku nur aus diesem Blickwinkel betrachtet werden. Dagegen wird, wohl auch aus Mangel an Interviewmaterial, weder ausführlich auf die Ära mit Doris Day (immerhin DAS Traumfilmpaar der 60er) noch auf die innige Freundschaft zu Liz Taylor eingegangen. Informationsgehalt: 7 von 10.
Schießen ist meine Leidenschaft: Doku über Schützenvereine in der Nähe von Winnenden. Unglaublich, was die Typen da reden, so fordert einer zB das Verbot von Killerspielen, im gleichen Atemzug findet er aber den Einsatz von scharfen Waffen in Ordnung. Zum Glück lässt diese Doku das nicht unkommentiert, so dass die Doku in diesem Aspekt neutral bleibt. Besonders interessant ist, dass ein Interviewpartner bei dem letzten Besuch (1 Jahr später) scheinbar geläutert wurde und zumindest von hochkalibrigen Pistolen zu Kompositbögen gewechselt ist. Informationsgehalt: 6 von 10.
Verarmt, verstorben, verscharrt: Hier wird ein Thema behandelt, was bei vielen unter dem Radar läuft. Wer schonmal eine Beerdigung organisieren musste, weiß wie teuer sowas ist, der alte Spruch "nur der Tod ist umsonst" wirkt da schon wie eine Hohn. Was aber einen Normalverdiener schon schlucken lässt, hinterlässt bei einem Sozialhilfeempfänger für einen dicken Kloß im Hals. Denn leider ist so eine Beerdigung noch schlimmer bürokratisiert als ein durchschnittlicher Hartz IV Antrag. In der Doku wird der Fall einer Frau geschildert, deren Mann eine Kneipe in den Ruin trieb (und Frau dies natürlich verheimlichte) und dann an einem Herzinfarkt verstarb. Die Frau musste über !!!2 Monate!!! warten, bis es Fortschritte gab bei dem Antrag zur Kostenbewilligung, aber auch nur indem das Sozialamt die Beerdigung an das Ordnungsamt abgegeben hat. Die haben die Leiche dann nach Holland gebracht, verbrannt, anonym beerdigt und dann erst die Frau dadrüber informiert. Die Rechnung (mit der Rechnung für den Kühlraum) folgte dann wenige Tage später. Wirklich schlimmes Schicksal und das soll kein Einzelfall sein, immerhin wurde empfohlen sich am besten direkt beim Ordnungsamt zu melden, da man sich so die ganze Bürokratie spart. Wirklich schlimm, dass man so mit Toten in Deutschland umgeht! Immerhin ist Bayern die löbliche Ausnahme, da dort per Gesetz für eine zügige Beerdigung gesorgt wird, die auch bei angehörigenlosen Toten mit einer Erdbestattung mit Totenmesse endet. Erst danach wird nach der Finanzierung gefragt, nur das ist ein humaner Umgang mit den Toten und den Angehörigen! Informationsgehalt: 6 von 10.
Besondere Empfehlungen: Das Ministerium für Staatssicherheit; Denn sie kennen kein Erbarmen; Marie Antoinette; Verarmt, verstorben, verscharrt