Belief & Betrayal: Das Medaillon des JudasKirchenthriller sind dank Dan Browns Sakrileg grade schwer in. Da war es nur eine Frage der Zeit bis auch das wieder erstarkte Adventuregenre einen solchen Vertreter ins Rennen schickt. Für dieses Spiel zeichnet sich Artematica aus, die mit dem Eulenberg-Experiment einen nicht ganz gelungenen Einstieg ins Genre feierten.
Man spielt den Journalisten Jonathan Danter, der für ein New Yorker Magazin schreibt und am nächsten Tag in Miami einen Kardinal interviewen soll. Doch es kommt anders, denn ein Inspektor von Scotland Yard ruft bei ihm an, der ihm die traurige Botschaft vom Mord an seinem Onkel Frank verkündet. Es ist nur komisch, dass Jonathan bisher dachte, sein Onkel wäre vor 10 Jahren schon verstorben. Da sein Onkel scheinbar für den vatikanischen Geheimdienst, dem Legat, gearbeitet hat, wird Jonathan nach London gebeten. Dort angekommen findet Jonathan schnell heraus, dass mehr hinter dem Mord an seinem Onkel steckte und so ist er auch fix in die Machenschaften einer brutalen Kirchensekte, den Katharern, verstrickt. Die sind auf der Suche nach dem Medaillon des Judas sind, welches dieser aus den 30 Silberstücken, die er für den Verrat an Jesus bekam, schmieden lies und angeblich zu dem universellen Wissen führen soll.
Bei seinem Abenteuer wird er von den Legatsmitgliedern Katrin McKendal, ihrem Vater und dem Hacker Damien unterstützt. Damien und Katrin sind sogar spielbar. Auf der Suche nach dem Medaillon reisen Jonathan und Co nach London, Venedig, in ein paar französische Käffer und selbstverständlich auch in die ewige Stadt.
Die Hintergründe sind äußerst schön und realitätsnah gezeichnet/gerendert. Dagegen sehen die Charaktermodelle nicht so schön aus, deren Texturen wirken oftmals sogar richtig verwaschen. Auch die Animationen wirken öfters nicht so gelungen, besonders im privaten Gespräch zwischen dem Scotland Yard Inspektor und Jonathan hampeln Beide wie Parkinsonpatienten rum. Als Tipp: Spielt das Spiel mit mindestens 1x Anti-Aliasing, denn sonst wirken die Modelle wie aus dem letzten Jahrtausend. (leider nur über Windowstreiber einstellbar und nicht über das Optionsmenü)
Die Zwischensequenzen glänzen auch nur selten. Während die Charaktermodelle in den Zwischensequenzen teilweise sogar äußerst gut geraten sind, (hätten diese Texturen auch im eigentlichen Spiel benutzen sollen!) wirken leblose Orte und Gegenstände extrem künstlich.
Die Steuerung erfolgt wie üblich über die Maus. Die linke Maustaste ist für Aktion ausführen zuständig, Standardmäßig ist Ansehen ausgewählt. Über die rechte Maustaste kann man zwischen Ansehen und Benutzen wechseln. Das hätte man sich auch sparen können und die rechte Maustaste sofort an Benutzen binden können.
Einen richtigen Minuspunkt gibt es jedoch bei den Menüs, denn anders als Genre übergreifend üblich kommt man über Esc nur ins Hauptmenü, kann also nicht speichern, aber immerhin kann man von da aus (über einen verdammt kleinen Knopf, der nicht sofort auffällt) wieder zurück ins laufende Spiel. Speichern kann man entweder über den Hotkey S oder über ein sich aufklappendes Menü auf der linken Seite. (bis ich das durch Zufall gefunden hatte…) Dort ist auch eine Art Tagebuch untergebracht, in dem das aktuelle Ziel und eine Zusammenfassung der letzten größeren Aktion (auch gerne mal mit mehr Infos als im Spiel live gegeben wurde, z.B. die komplette Übersetzung eines Textes) steht.
Über den Hotkey P gibt es die nette Funktion Pause, aber leider wurde nicht ganz zu Ende gedacht, denn in Zwischensequenzen und Gesprächen funktioniert diese Funktion natürlich nicht, dabei sind es ja grade diese Situationen, in dem man eine Pausetaste mal bräuchte. Man kann Gespräche und Zwischensequenzen auch mit keiner anderen Funktion pausieren, jedoch mit der linken Maustaste stets abbrechen. Einzige Ausnahme sind da aber grade die nervigsten aller Sprüche, nämlich die, die kommen, wenn etwas nicht funktioniert.
Über die Leertaste lassen sich alle Hotspots anzeigen, dadurch wird das Spiel doch ein ganzes Stück leichter, aber bei manch fiesem Hotspot ist diese Funktion extremst hilfreich. Leider werden aber nicht die Ausgänge mit angezeigt, weswegen man oftmals mehr mit beschäftigt ist, den nächsten Ausgang/Bildschirm zu finden als Rätsel zu lösen.
Die Synchronisation ist gut gemacht, so wie man es von DTP gewohnt ist. Katrin hat die Stimme von Angelina Jolie, während die anderen meist unverbrauchtere, aber auch gute, Stimmen haben. Richtige Synchronsünden gibt es nicht, höchstens ein Statist, der einen doch zu sehr aufgesetzten italienischen Akzent hat. Das Spiel an sich nimmt sich größtenteils ernst, aber Jon und die anderen spielbaren Charaktere haben auch gerne mal nen lustigen Spruch auf den Lippen.
Die Musik passt gut zum Setting, ist aber auch nur zweckmäßig.
Die Rätsel bestehen meist aus alten Bekannten wie die Magnetangelrute oder einen Weinersatz mixen, also für geübte Spieler keine Hürde. Es stört etwas, dass manche Hotspots erst beim 2. Ansehen in die Nahansicht wechseln oder ein dort platziertes, wichtiges Item enthüllt wird.
Durch das setzen vieler roter Heringe im Spiel entsteht immerhin ein Stück Realismus, wenn man selber in der Situation wäre, würde man wohl auch viel unnützes Zeug anschauen. Man kann auch oftmals Orte besuchen, deren Besuch unsinnig ist. Jedoch ist das Spiel stets so fair und alle lösungswichtigen Items sind am selben Ort platziert. Ansonsten wird man dezent darauf hingewiesen, dass man die Örtlichkeit wechseln sollte.
Das Spiel enthält außerdem zwei Genreneuerungen, das so genannte Ideen-Inventar und eine Art Kommunikator zum Email und Fotos verschicken. Jedoch sind beide Ideen nicht ganz zu Ende gedacht und nur halbherzig ins Spiel eingebunden.
Im Ideen-Inventar (klappt sich auf der rechten Seite aus) werden manche Auffälligkeiten und Sachen notiert, die nicht physisch vorhanden sind. An sich ist die Idee ja gut, aber leider wurde es nicht konsequent ins Spiel integriert. Die Situationen, bei denen man das Ideen-Inventar braucht, kann man an einer Hand (womöglich zur Not von einem Tschernobyl Baby) abzählen und wenn man an solch einem Rätsel sitzt, macht es dieses Feature nur unnötig komplizierter. Denn anstatt die Rätsel auf klassische Art zu lösen (einfaches Benutzen des Gegenstandes oder Item mit Gegenstand kombinieren) muss man umständlich über das Ideen-Inventar gehen. Wenn das Feature öfters benutzen werden müsste, hätte man sich dran gewöhnen können, aber da das so selten vorkommt, ist es eher störend.
Dafür ist immerhin der Kommunikator (linke obere Ecke oder im Inventar) gut mit dem Ideen-Inventar verzahnt, wenn’s auch nervig ist. Die Nachrichten werden nämlich umständlich über eine Idee aus dem Ideen-Inventar ausgewählt und dann mit dem Kommunikator verbunden. Das hätte man auch automatisieren können. Außerdem ist es etwas nervig, wenn z.B. Jonathan ne Nachricht an Katrin versendet, der Spieler kennt also den Inhalt der Nachricht, muss Katrin noch mal den Kommunikator aktivieren, damit ein nerviges Piepen aufhört und die Nachricht erhalten hat. Da hätte ein einfacher Satz zwecks Erhalts der Nachricht beim Charakterwechsel gereicht.
Die Geschichte weiß zu überzeugen und ist auch nett umgesetzt, nur ist das Spiel VIEL zu kurz. Wer schnell spielt kann das Spiel innerhalb der Laufzeit vom Da Vinci Code schaffen, wer länger als 7 Stunden (2x der Film) dran sitzt, muss sich schon richtig anstrengen. Das liegt erstens an den sehr leichten Rätseln, die höchstens 1-2x aufhalten, und den meist sehr kurzen Kapiteln, die bis auf Kapitel 5 eher jeweils die Länge einer Demo haben. Um ehrlich zu sein, würde ein geübter Adventurespieler das Spiel noch fixer durchspielen, wenn es das Spiel zulassen würde. (Stichwort Resident Evil und die Uhren)
Wer Interesse an dem Thema hat, kann beruhigt zugreifen, so teuer ist das Spiel ja nicht. Verpassen würde man allerdings nichts.
Grafik: 3+
Sound: 2
Spielstory: 2
Bedienung: 3
Rätseldesign: 3 (zu leicht)
Spielmotivation: 2