Nachdem die Zahl der Einberufenen in den letzten Jahren rückläufig war und die Wehrpflicht dieses Jahr ausgesetzt wird, geht irgendwo auch eine Ära zu Ende und es wächst eine Generation heran, deren Angehörige (sofern sie nicht verweigert haben oder ausgemustert wurden) mit Begriffen wie Dummfick oder Kürzeln wie KZH bis DZE nichts mehr anfangen können.
Angesichts des im Vergleich zu vielen Foren "relativ"
gehobenen Altersdurchschnitts des Kultboy-Forums gehe ich davon aus, dass es doch sicher einige Exemplare gibt, die wie auch ich den Bund noch in den 90ern oder gar vor der Wende erlebt haben. Neben dem Stress in der Grundausbildung, den man im Nachhinein verdrängt, gab es ja immer witzige Erlebnisse, die gut als Anekdötchen taugen. Wer stattdessen Zivildienst gemacht hat (ich habe schon eine Vorahnung, dass dies wahrscheinlich der Löwenanteil sein wird - ich Depp musste natürlich zum Bund gehen
), wird zwar mit einigem nichts anfangen können, aber das soll niemanden abhalten, etwas zum Besten zu geben.
Ich fang einfach mal an. Ich war vom 1.7.1993 bis zum 30.6.1994 beim Bund, also kurz nach der Wende. Dementsprechend hatte ich, als Kölner doch eher im westlichsten Westen verweilender Zeitgenosse, bis dahin auch noch kaum Erlebnisse mit "Ossis" gehabt, aber das nur am Rande.
Ich wurde dann auch gleich am Allerwertesten der Welt eingesetzt, im fränkischen Roding bei einem Jägerbataillon. War schon eine recht anstrengende Grundausbildung, immerhin durften wir uns danach das "Green Beret" auf den Kopf zwängen - das Imagine-Spiel lässt grüßen. Messerstechend durch die Reihen meiner Mitmenschen zu rennen habe ich dann aber doch unterlassen. Das grüne Barett fand ich zwar cool, aber in der Stammeinheit war es irgendwie doof, da fast jeder dort mit eben nicht mit dieser Farbe rumlief ...
Damit das Ganze auch noch halbwegs zur auf Kultboy.com vorherrschenden Thematik passt, kommen wir nun also zur ... Zockerei. In der Grundausbildung stand neben dem ganzen Stress nämlich auch, wenn es die knappe Zeit zuließ, die Zockerei auf dem Programm. Denn wenn man zum 1.7. eingezogen wird, sind vergleichsweise viele Abiturienten dabei - in meiner Stube, die mit 7 Mann belegt war, waren wir fast alle selbige. Und die meisten hatten eine gewisse Affinität zur Zockerei. Gelegenheit auf der Stube gab es in den allerersten Wochen der 3-monatigen Grundi zwar wenig, aber später wurde öfter mal ein Amiga aufgebaut, wo man dann eine 4er-Runde Pinball Dreams/Fantasies (nicht mehr sicher, welches) veranstaltete. Auch an Battle Isle-Gefechte, bei denen ich nur Zuschauer war, erinnere ich mich noch
Im Mannschaftsheim gab es einige Automaten, die so ganz nach meinem Gusto waren. Neben den Adams Family- und Terminator-Flippern standen dort doch tatsächlich Street Fighter 2 und Fatal Fury 2. Tja, da ist so manche Mark meines knapp bemessenen Wehrsoldes drin verschwunden.
Tja, und einmal hab ich mich so richtig in die Nesseln gesetzt. Nur wenige Tage vor dem Ende der Grundi sollte ein ganz hohes Tier unsere Kompanie inspizieren. In der etwas länger als sonst angesetzten Mittagspause schmiss ich dann erstmal ein 5 Mark-Stück in den recht schweren Fatal Fury 2-Automaten, da ich öfter mal bei den Bossgegnern scheiterte. Es kam, wie es kommen musste - die anderen gingen schon, aber ich vergaß irgendwie die Zeit und zockte weiter. Irgendwann fertig geworden, machte ich mich auf den Weg zurück und bekam mächtig Muffensausen - denn schon von weitem sah ich alle meine Kameraden stramm stehen. Mehrere Minuten zu spät zu kommen war bereits unter normalen Umständen eine Todsünde. Ich weiss nicht, welcher Teufel mich dann geritten hat, jedenfalls entschied ich mich, kehrt zu machen und wieder zurück zum Mannschaftsheim zu gehen, und dachte mir irgendeine Geschichte aus, dass mir kotzübel wäre und plante, mich passend dazu dort aufs Klo zu begeben.
Auf dem Weg zum Mannschaftsheim lief mir ein hohes Tier entgegen. Ich wusste auch nicht, wer das war, aber wie es sich gehörte, grüßte ich natürlich und ging weiter. Ca. 5 Minuten später, ich war wieder im Mannschaftsheim, kam auf einmal einer meiner Kameraden angerannt, um mich zu holen. Ich erzählte ihm natürlich meine "Kotz"-Geschichte, aber mit musste ich dennoch. Dann stand ich auch irgendwann wieder mit bei den aufgereihten Soldaten, und wer hielt gerade eine Rede vor unserer (geschätzten) Hundertschaft? Genau, das hohe Tier, das ich auf dem Weg gegrüßt hatte. Das war nämlich unser Kommandeur. Der das natürlich mitbekam, dass plötzlich zwei Rekruten im Laufschritt angerannt kamen, um sich einzureihen - und ein wenig irritiert dreinblickte, weil ich ihm doch eben noch entgegen gelaufen war.
Nachdem der Kommandeur dann weitergezogen war, hatten meine Vorgesetzten endlich Gelegenheit, mich zusammenzustauchen. Was aber dadurch, dass die Grundausbildung wie gesagt eh schon gelaufen war, wesentlich weniger schlimm ausfiel, als ich befürchtet hatte. Zwei Sätze vom Spieß zu meinen
Ausflüchten Ausführungen, warum ich nicht rechtzeitig zurückkam, waren jedenfalls "Das Denken sollten Sie den Pferden hinterlassen, die haben den größeren Kopf" sowie "Sie Nagel zu meinem Sarg!"
Das war natürlich nicht das einzige Mal, dass ich Ärger bekam - aber ich muss ja nicht mein ganzes Pulver jetzt schon verschießen, gell?